: Wunschbilder einer verwirrten Welt
■ Die Unordnung der Dinge: In der Galerie Cato Jens zeigt das deutsch-israelische Künstlerpaar Inge Pries und Zvika Kantor verspielte Konstellationen des Absurden
Ein Kinderwagen von geradezu teuflischer Ausstrahlung schwebt unter der Decke der Galerie. Als Tiger at Midnight hat das beunruhigende Objekt zwar einen Namen, aber noch lange keine Funktion. Der verlorene Sohn ist ohnehin längst woanders hin abberufen: Ein großes israelisches Militärzelt füllt die Mitte des Raumes. In seinem Inneren freundliche Abbildungen von friedlichen Vögeln. Es ist dies genauso eine Umkehrung der Ordnung wie das U-Boot-Modell nahebei, das als Wasserspender dient. Und an der Wand ein Bild einer Frau in Seenot. Oder vielleicht eher in Seh-Not? Denn bei der Ausstellung des deutsch-israelischen Künstlerpaares Inge Pries und Zvika Kantor weiß man oft nicht, ob es das, was eigene Auge sieht, denn überhaupt geben kann.
Der Titel der Ausstellung in der Galerie Cato Jans ist: ...als das Wünschen noch geholfen hat. Aber sollte man denn diese Verwandlungen, diese Bilder und Objekte, die so ganz Unvereinbares zusammenfügen, all dies wirklich als Wunschlis-te lesen? Muss einem vor Heimweh die Landkarte zum Hemd werden und müssen dabei im Bauch die heimischen Knüppelweiden rumoren? Darf man in einen Raum mit Delfter Kacheln nur mit blauen Tattoos nach Dürerstichen eintreten?
Die Bilder der Hamburger Malerin setzen ihre meist weiblichen und immer etwas melancholischen Figuren mancher schlimmen Versuchung aus. Da belästigen sogar allerlei teuflische Monster die Heldin, die trotzdem weiter ihr Erfahrungsfeld erweitert. Die Geräuschforscherin, die Raketenfrau und die Erstbesiedlerin versuchen nicht mehr, beispielsweise einem Käfer ähnlich zu werden, sondern erweitern ihren Forschertrieb ins Univer-sum. Aber ist denn da draußen etwas? Die Saturnringe zu fegen, ist jedenfalls auch nicht besser als Kerzen ins arktische Eis zu bringen.
Nun gibt es manche, die, abgestoßen von soviel nutzlosem Einsatz und so erschreckender Kompilatorik, sich in düstere Vermutungen über die psychologische Verfassung der Künstler verlieren. Nichts falscher als das, findet das gutgelaunte Künstlerpaar doch nicht ohne Ironie aktuelle Formen für allgemein tradierte Angstbilder. Als Vorbilder und Anknüpfungspunkte dienen bei Zvika Kantor Filmklassiker und Schnickschnack der fünfziger Jahre, bei Inge Pries mittelalterliche und manieristische Allegorik und alte Lehrbuch-Illustrationen, und verschiedene Comic-Zeichnungen sammeln sie alle beide.
Und dass es wahrhaftig nicht ganz leicht ist, eine angemessene Beziehung zur verwirrten Welt und ihren seltsamen Erscheinungen zu finden, geben wir doch sicher alle gerne zu. Hajo Schiff
„...Als das Wünschen noch geholfen hat“, Galerie Cato Jans DER RAUM, Klosterwall 13, Di – Fr 12 – 18, Sa 14 – 16 Uhr, noch bis 18. März
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen