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„Spiegel TV extra: Zwischen Koteletts und Kollegen“ (Do., 22.05 Uhr, Vox)

Linsen mit Spätzle gehören zum Stolz der schwäbischen Hausfrau. Wenn die Kantine des Geislinger Haushaltswarenherstellers WMF dazu auch noch Seidenwürstle serviert, tritt sie also in einen harten Wettbewerb. Doch Küchenchef Jürgen Müller muss die Konkurrenz nicht fürchten: Manch einer lädt sich gleich mehrere Portionen aufs Plastiktablett – damit er auch am Wochenende noch davon zehren kann.

Neun Millionen Deutsche stellen sich Tag für Tag in der Kantine an. Und die meisten von ihnen nörgeln allmittäglich über den Fraß, der ihnen da vorgesetzt wird. Nicht so in Inken Lödens Reportage für „Spiegel TV Extra“. Mit ihrem Kamerateam hat die Autorin fünf deutschen Großküchen in die Töpfe geguckt und überwiegend zufriedene Esser und durchaus ambitionierte Köche gefunden. Ob bei VW oder WMF, im Frauengefängnis Preungesheim, in der Kiezküche in Berlin-Lichtenberg oder im Fliegerhorst Alt-Duvenstedt: Vor der Kamera wurde kaum gemäkelt. Dass Kantinenküchen keine Spitzenleistungen bringen können, ist allen klar. Aber „wenn wir gleichmäßig gut sind, ist das schon viel“, sagt einer der Küchenchefs.

Jede Kantine ist eine Welt für sich: Hier die blitzblanken Küchen mit den glänzenden Töpfen und riesigen Wärmebehältern, da die schmucklosen Plastiktische und langen Stuhlreihen in riesigen, nackten, meist ungemütlichen Räumen. Die Bilder sprachen für sich, doch die Autorin musste sie obendrein pseudoironisch kommentieren. Angesichts der Werkskantine von VW von „Wartehallencharme“ zu sprechen, ist mehr als platt. Zumal die Atmosphäre die Karten spielenden Arbeiter durchaus nicht zu stören schien. Und dann war der Kommentar zu allem Überfluss auch noch mit penetranter Stimmungsmusik unterlegt.

Überhaupt dominierte in dieser Reportage das Großküchenprinzip „Genug ist nicht genug“. Die Beispiele waren zwar gut ausgewählt, aber im Bemühen, fünf so verschiedene Küchen in einer knappen Stunde abzufeiern, siegte das Diktat des schnellen Ortswechsels über die genaue Beobachtung, und aus einer guten Story wurde hektisches Kantinenhopping. DIEMUT ROETHER

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