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Fischer droht und lockt mal wieder

So groß ist die Furcht des grünen Partei-Establishments vor dem Veto der Basis, dass jetzt auch der Außenminister für die geplante Strukturreform trommeln muss. „Wir müssen uns aus den Fesseln befreien, die wir uns selbst auferlegt haben“

aus Berlin PATRIK SCHWARZ

Es kann nicht gut stehen um die Parteireform der Grünen, sonst hätte Joschka Fischer nicht geladen. Bei „Loup de Mer mit Curry und Koriander gegrillt auf buntem Salat mit Artischocken“ mühte sich der heimliche Parteivorsitzende in Berlin, über die Medien das gefährdete Projekt vor dem Absturz zu retten. „Die Widerstände in der Partei sind groß“, räumt auch Fischer ein, die notwendige Zweidrittelmehrheit auf dem Parteitag Mitte des Monats in Karlsruhe ist mehr als zweifelhaft.

Alarmiert vom Widerstand an der Basis, hat die Parteiführung um Antje Radcke und Gunda Röstel inzwischen einen offenen Brief konzipiert. Darin sollen die Mitglieder vor allem für den rot-grünen Atomkurs und die Lockerung der Trennung von Amt und Mandat begeistert werden.

Fischer ist konfrontativer, versucht die Parteimitglieder mit einem nicht ganz neuen Spiel aus Drohung und Lockung ins Boot zu holen. „Ich werde das dumme Gefühl nicht los, dass wir auf dünnstem Eis wandeln“, gibt er zu Protokoll, „und je näher wir zur Bundestagswahl kommen, desto größer ist die Gefahr, dass wir einbrechen.“ Den Gegnern der Reform hält er darum folkloristisches Festhalten an überkommenen Ideen vor. „Unsere Strukturen funktionieren nicht – und jetzt kommen die und sagen: gerade das zeichnet uns aus!“ Bis heute „schleppen die Grünen immer noch ihre Vergangenheit als Anti-Parteien-Partei mit sich herum.“ Bleibe es dabei, dann drohe das Motto: „Wir sind nur, was wir waren“.

Fischer bekennt seine Ratlosigkeit, wie die programmatische Erneuerung aussehen könnte. Vage spricht er davon, dass diese ja gerade im Zuge einer Grundsatzdebatte erstritten werden müsse. Klar scheint ihm nur, welche Rezepte den Grünen in Zukunft nicht mehr helfen werden. Angesichts veränderter gesellschaftlicher Verhältnisse geht es „nicht mehr um den Heroismus der außerparlamentarischen Bewegungen, den man aufgreifen muss“. Ängsten vor einer Kulturrevolution in der grünen Kuschelstube versucht Fischer mit dem Hinweis zu begegnen, die Partei solle ja nicht auf autoritären Kurs gebracht werden.

„Wir müssen uns ein Stück weit aus den Fesseln befreien, die wir uns selbst auferlegt haben“, wirbt er, als könnte der Rückgriff auf das bei Grünen so beliebte Befreiungsvokabular die Schnitte erleichtern. „Wenn die Partei der Erneuerung sich als nicht erneuerungsfähig erweist, gehen wir harten Zeiten entgegen.“

Gerade bei der innergrünen Kontroverse um den richtigen Weg zum Atomausstieg prallen aber auch nach seiner Erfahrung unterschiedliche Lebenswelten aufeinander. Während die jüngeren Mitglieder die Suche nach einem Ausstieg im Konsens pragmatisch sähen, verbinde sich für die älteren damit oft die eigene politische Biografie. Ihnen fiellen Kompromisse schwer. „Das wird viel Schmerz verursachen, biografischen Schmerz“, schwant dem grünen Veteranen.

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