extrawürste: Der Kanzler und die gute Stube
Eigentlich sollten uns die Ernährungsgewohnheiten eines Politikers nicht interessieren, auch wenn er der Ehemann von Doris Schröder-Köpf ist und im Hauptberuf Bundeskanzler. Dass eben jener zu viel Pfunde auf dem Leib hat, zeigt im Übrigen nur, dass er auf dem besten Wege ist, sich das politische Gewicht seines Vorgängers einzuverleiben. Und Hand aufs Herz – haben wir das nicht schon vorher gewusst?
Bis zu diesem Stand der Recherche hat es die Meldung, Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe sich von seiner Ehefrau den täglichen Genuss einer oder mehrerer Currywürste verbieten lassen, zu Recht nur zu einer Erwähnung auf der Wahrheit-Seite gebracht. Gestern freilich wedelte eine Kollegin mit einem Archivbeitrag herum, der die Vermutung nahe legt, dass der Currywurstfrage eine politische Spur zugrunde liegt, eine ganz heiße sogar.
Die Spur führt geradewegs ins Herz der Hauptstadt, zum Brandenburger Tor. Hier, wo in den letzten Wochen die Nerven der Politiker demonstrativ strapaziert wurden, hat ein kleiner, aber feiner Currywurstverkäufer seine Bude aufgeschlagen. Den Saubermännern im Senat ist er natürlich ein Dorn im Auge, schließlich gilt der Platz als die „gute Stube der Hauptstadt“. Nur einer hat sein Herz für den Currywurststandort entdeckt und gleich noch eine Soli-Aktie gezeichnet: Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Wer aber steckt nun hinter dem Currytus interruptus? Allein die Doris? Weil ein Brioni-Anzug mit Currywurstflecken so was wäre wie ein gescheiterter Bonner in Berlin?
Weit gefehlt. Es ist die PDS, der rote Schatten der Hauptstadt. Wahrscheinlich hat der Verfassungsschutz Doris Köpf gesteckt, dass es ausgerechnet eine rote Baustadträtin war, die den Currywurststandort am Brandenburger Tor genehmigt hat – aus Rache gegen die Vertreibung von kaukasischen Pelzhändlern. Da wird sich wohl auch Doris gedacht haben, dass man nicht in jeden Fettnapf treten muss, auch wenn er nur die Größe eines Frittierkorbs hat.
Ach ja, auch auf Rotwein will der Kanzler verzichten. Stattdessen gibt’s Äpfel. Die kleben zwar, machen aber keine Flecken. UWE RADA
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