: Absage an „Hoffmanns Erzählungen“
■ In netter Atmosphäre haben Bürgermeister Henning Scherf und Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel verabredet, dass das Hoffmann-Strategiepapier keine Arbeitsgrundlage ist
Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) hat gestern der Idee aus dem Bremer Rathaus, eine „Regionalkörperschaft“ zwischen Bremen und seinem niedersächischen Umland zu bilden, eine klare Absage erteilt. Nach mehrstündigen Gesprächen zwischen Gabriel und Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) erklärten beide ihre Bereitschaft zu freundschaftlicher Ko-operation und Zusammenarbeit. Der Preis dafür scheint das Thema „Regionalkörperschaft“ zu sein.
Scherf bezeichnete das Konzept seines Staatsrates Reinhard Hoffmann, über eine direkt vom Volk gewählte, länderübergreifende „Regionalkörperschaft“ auch zu einer „umfassenden Neugestaltung des Nutzen-Lasten-Ausgleiches in der Region“ zwischen Bremen und seinem niedersächsischen Umland zu kommen, als „ganz brauchbar“. Gabriel dagegen meinte, es sei „ein großer politischer Fehler“, derart weitreichende Veränderungen „von oben“ zu versuchen. Die betroffenen niedersächsischen Gemeinden hätten sie schon abgelehnt. Um Bremen herum eine „Region“ zu gestalten wie das derzeit um Hannover herum passiert, sei „nicht machbar“. Begründung: „Die Niedersachsen wollen nicht, dass der Eindruck entsteht, es gehe um die Finanzierung der Eigenstaatlichkeit Bremens zu Lasten der niedersächsischen Kommunen“. Genau darum aber geht es aber dem Chef der Senatskanzlei.
„Wer A sagt, muss auch B sagen“, erklärte Gabriel dazu: Wer die Eigenstaatlichkeit eines Stadtstaates erhalten wolle, könne sich nicht aus der Region finanzieren. Das Papier sei „keine Verhandlungsgrundlage“ zwischen den beiden Bundesländern. Gabriel verwies Bremen zur Lösung seiner Finanzprobleme auf den Länderfinanzausgleich.
Bürgermeister Scherf verriet das Motiv für die gemeinsame Sitzung und die gemeinsame Pressekonferenz in Hannover. Er habe zu Gab-riel gesagt: „Lasst uns das öffentliche Reden darüber, wir seien zerstritten, beenden.“ Und da wollten beide auch Konkretes zu sagen haben: Gegenüber der Bundesregierung wollen die norddeutschen Länder sich dafür einsetzen, dass der Transrapid, der zwischen Berlin und Hamburg wegen fehlender Wirtschaftlichkeit nicht gebaut wird, nun für die Strecke Amsterdam-Bremen-Hamburg realisiert wird. Geld dafür geben will Gabriel aber nicht. Gemeinsam wollen beide auch noch einmal mit Hamburg über einen norddeutschen Tiefseewasser-Hafen reden. Der Plan wird von der Eurogate für Wilhelmshaven favorisiert. Und mit 1,5 Millionen Mark im Jahr will sich Bremen an der in Niedersachsen vorbereiteten Mediengesellschaft beteiligen.
Was die Gremien mit dem miss-verständlichen Namen „Gemeinsame Landesplanung“ angeht, die Hoffmann in seinem Papier als vollkommen unzureichend und unverbindlich charakterisiert hatte, wollen die beiden Länderchefs sich bis zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung am 16. Mai eine „Bilanz“ vorlegen lassen. Er könne sich durchaus vorstellen, Ämter wie das statistische Landesamt, das Landesamt für Ökologie oder das Landesamt für Verfassungsschutz zusammenzulegen, meinte Gab-riel. Ob das sachlich machbar sei und wie viel Geld damit gespart werden könnte, soll aber erst noch untersucht werden.
Ausgangspunkt der Überlegungen von Hoffmann war die Kritik gewesen, dass mit den Mitteln der bisherigen partiellen Zusammenarbeit nur „Nebenschauplätze“ wie die Planung eines Radwanderweges vorankommen könnten, bei wesentlichen Themen sei die Ko-operation „unverbindlich“. Eine koordinierte Regionalplanung und Wirtschaftsförderung wurde auch aus Bremen bisher mit Hinweis auf die Interessengegensätze immer abgelehnt
K.W.
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