: Communication Club
Der Versuch, einem alten Haus nicht zu nahe zu treten und es trotzdem mit Leben zu füllen, ist gelungen: Das ehemalige Reichspostministerium und spätere Postmuseum der DDR wurde am Samstag als Museum für Kommunikation wieder eröffnet
von SEBASTIAN HANDKE
Neue Kommunikationsmuseen braucht das Land. Denn irgendwo muss der ganze Technoschrott ja hin, wenn inzwischen jede Kommunikationstechnologie bereits vor ihrer Serienreife museumsreif ist.
Also ist nun aus dem alten Reichspostministerium und späteren Postmuseum der DDR das Museum für Kommunikation geworden. Das Büro H. G. Merz und die Architekten Henze und Vahjen erarbeiteten ein Gesamtkonzept, in dem der Repräsentationsbau an der Leipziger Straße selbst zum Hauptbestandteil der Ausstellung wurde. Die Würde des Ortes und die Bürde der Gestaltung: ein gründerzeitliches Tortenstück für die Post-Histoire und der Versuch, dem „Haus nicht zu nahe zu treten, und es dennoch mit Leben zu füllen“ (Merz). Das Ergebnis ist trendy und nostalgisch zugleich. Das Label „völlig neue Museumsdidaktik“ (Museumsdirektor Kallnich) mag übertrieben sein, aber herausgekommen ist eine überraschend dezente Mischung aus gediegener Sammlungspräsentation und animativem Science Center. Nachdem der Besucher eingangs in Ulrich Süßes Klangfassade geduscht hat und im zentralen Lichthof von höflichen Dienstleistungsrobotern empfangen wurde, darf er sich in einer Art Aktionsgalerie in der Kunst des Rauchzeichengebens üben. Danach verzweigen sich „Themenstraßen“ über die Galerien, die man dann in den so genannten Sammlungssälen „kontemplativ“ vertiefen kann: Die Hierarchie des Ortes übersetzt sich in die Abstufung der Aufmerksamkeitsspannen.
Die repräsentativen Exponate der Themengalerien, beispielsweise das Inhaliergerät „TUR USI 50“ aus dem Abhörstudio der MfS-Hauptabteilung III, mit dem unter Dampf Briefe geöffnet wurden, hat man in kubistische Glasblöcke eingeschweißt. „Kommunizieren, jetzt!“ ist das allgegenwärtige Gebot dieses Museums, dessen Grundidee es ist, nicht nur die Kulturgeschichte der Kommunikation darzustellen, sondern auch selbst Ort der Kommunikation zu sein.
Der eigentliche Ort der Sammlung (in doppeltem Sinne) ist wohl die unterirdische Schatzkammer, in der die Prunkstücke des Hauses liegen: die blaue Mauritius und 16 weitere in Einzelschreinen versiegelte Kostbarkeiten. Und das Fadentelefon, ein Stockwerk höher noch Kinderspielzeug zum Anfassen, wird hier unten in der Beuys'schen Variante zum abstrakten Modell für Kommunikation „an sich“: Weißblech, Bindfaden und Packpapier. Kommunikation ist die „Begegnung von Menschen“, ließ Bundespräsident Johannes Rau beim Eröffnungsfestakt wissen.
Natürlich geht es da auch um Liebe, laut Luhmann die „höchstpersönliche“ Kommunikation, weswegen man auch einen 200 Schreiben umfassenden Liebesbriefwechsel einsehen kann. Wem das dann zu altmodisch ist, der steckt sein Ohr in eine Muschel und nimmt unter musealer Aufsicht an fremdem Telefonsex teil: „Ihr weiches, gehauchtes ‚Ja' empfing ihn ...
Leipzigerstr. 16/Ecke Mauerstraße Di–Fr 9–17 Uhr, Sa/So 11–19 Uhr
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