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Finanzdebatte spaltet CDU und SPD

■ Finanzsenator Perschau (CDU) vertritt die alte Sanierungslinie, Jens Böhrnsen (SPD) meldet leise Zweifel an ihrem Erfolg an

Zum Auftakt der Haushalts-Beratungen für den Etat 2000/2001 hat Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) gestern noch einmal die alte Haltung zur Sanierungspolitik formuliert: „Wir können die Sanierungsziele erreichen, wenn wir Kurs halten, das bisher Erreichte nicht zerreden und unsere Kraft auf die Fortsetzung der dynamischen Entwicklung in Bremen und Bremerhaven konzentrieren“, rief er den Bürgerschaftsabgeordneten zu. „Ziel“ müsse es sein, „mehr Arbeitsplätze und Einwohner in den Grenzen Bremens zu erreichen“. Dass das Wirtschaftswachstum im Jahre 1999 unter dem Bundesdurchschnitt lag, sei „eine vorübergehende Wachstumsdelle“. Dass die Einwohnerzahlen nicht gestiegen, sondern seit Jahren leicht sinken und die Zahl der Arbeitsplätze auch nicht steigt, müsse „uns eher darin bestärken, mit voller Kraft weiterzumachen“, sagte Perschau. Die Stimmen der Gegner des Sanierungskurses würden lauter, aber wer zur Begründung auf die fehlenden Wachstums- und Arbeitsmarkt-Effekte hinweise, „hat nicht verstanden oder will nicht verstehen, worum es geht“.

Perschau räumte gleichzeitig ein, dass der Schuldenberg Bremens bis zum Ende der Sanierungsphase auf 20 Milliarden ansteigen wird. Es sei „völlig abwegig“, erklärte Perschau, dies so zu interpretieren, dass die Sanierung scheitern werde. Das „Ziel der Überwindung der extremen Haushaltsnotlage liegt nicht darin, die Neuverschuldung auf null herunterzufahren“. Ab dem Jahre 2005 sind jährlich eine Milliarde Mark zusätzlicher neuer Schulden eingeplant. Gleichzeitig erklärte Perschau: „Wir müssen ab dem Jahre 2005 die wirtschaftlichen Grundlagen unseres Stadtstaates derart ausgebaut und gesichert haben, dass wir aus eigener Kraft unsere Aufgaben erfüllen können.“

Die für das Jahr 2001 geplante Steuerreform des Bundes mit ihren Entlastungen ist dabei in die Finanzplanung des Bremer Senats nicht eingerechnet. Auch über die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich konnte Perschau nur schlechte Botschaften verkünden: Die CDU-regierten Länder sind weitgehend geschlossen gegen die Interessen der Stadtstaaten eingestellt, und den CDU-regierten Geberländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hat sich im internen Beratungsprozess die starke SPD-Bastion Nordrhein-Westfalen angeschlossen. „Wenn die sich durchsetzen, sind die Stadtstaaten nicht mehr existent“, erklärte Perschau außerhalb des Redemanuskriptes.

Die Grünen wiesen in der Debatte der Bürgerschaft darauf hin, wie gering der Beifall aus den SPD-Reihen für diese Perschau-Rede gewesen war. Helmut Zachau führte vor, dass alle Sanierungsziele bisher nicht erreicht wurden, weder Schuldenabbau noch Gewinnung neuer Einwohner und Arbeitsplätze noch überdurchschnittliches Wachstum in den modernen Dienstleistungsbereichen. „Die sehr große Koalition hat also keinen Weg, der zum Ziel Rettung Bremens führt“, schloss Zachau.

SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen meinte, Zachau habe die Lage „mehr oder weniger zutreffend analysiert“ und kündigte an, der von Perschau vorgelegte Haushaltsplan werde nicht identisch sein mit dem, was das Parlament Ende Juni beschließen würde. Böhrnsen setzte sehr deutliche Akzente gegen Perschau: Um Bremen attraktiv zu halten, müsse z.B. die bremische Bäderlandschaft erhalten werden, meinte er. Von Tourismus-Projekten dürften nicht nur Baufirmen und Betreibergesellschaften profitieren, sondern damit müssten auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Bei aller Haushaltssanierung müsse den Bürgern klar werden, „dass wir Politik für, nicht gegen sie machen“. Beim Sparen dürfe kein „Crash-Kurs gefahren“ werden, der „sozial gerechter Verantwortung“ widerspreche. Die Politik müsse „dem Eindruck entgegenwirken, das Wohl des Einzelnen werde der abstrakten Idee bremischer Eigenstaatlichkeit geopfert“. Es gehe auch um „Lebensqualität“ in Bremen und den „Glauben an eine bessere Zukunft“.

Für die Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden gab es auffallend wenig CDU-Beifall. K.W.

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