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frankreichs regierungJOSPIN BESSER GEWAPPNET

Die erste rot-rosa-grüne Regierung der französischen Geschichte hat beinahe drei Jahre gehalten. Das ist länger als die meisten ihrer Vorgänger und länger als alles, was Kritiker ihr bei ihrem Amtsantritt prognostiziert haben. Aber es ist entschieden kürzer, als es Premierminister Jospin ursprünglich vorhatte.

Woran die Equipe Jospin I jetzt scheiterte, sind ausgerechnet jene Kräfte, die sie an die Macht gebracht haben: die sozialen Bewegungen und vor allem der öffentliche Dienst. Es war eine direkte Folge der großen Streikbewegung vom Winter 1995, dass die Franzosen im Frühling 1997 eine linke Regierung gewählt haben. Und es ist eine direkte Reaktion auf die Streiks und Demonstrationen der vergangenen Wochen, dass Jospin gestern mehrere Minister entlassen musste. Damit wurde die Equipe Jospin I ein Opfer des wirtschaftlichen Aufschwungs, den Frankreich gegenwärtig erlebt, und ein Opfer jener Erwartungen auf soziale Verbesserungen, die sie selbst geweckt hat. Angesichts des Wirtschaftswachstums sind die Franzosen nicht länger bereit, den seit Jahren geübten Lohnverzicht fortzusetzen und die Einsparungen im öffentlichen Dienst hinzunehmen. Sie verlangen die sozial gerechte Verteilung der Früchte des Wachstums.

Doch Jospin II ist mehr als das Eingeständnis eines teilweisen Scheiterns von Jospin I. Die neue rot-rosa-grüne Regierung ist zugleich ein Balanceakt, an dem dieses Mal sämtliche Kräfte der moderaten französischen Linken beteiligt sind. Nicht nur alle Strömungen der Sozialistischen Partei, sondern auch die divergierenden Tendenzen bei den Grünen und die Reformkommunisten sind darin sorgfältig berücksichtigt. Vor dem Hintergrund solcherart geordneter Verhältnisse in seiner Regierung kann Jospin ruhiger als bislang in die Zukunft blicken. In krassem Gegensatz zu einer vielfach durch interne Spaltungen und Kämpfe zerrissenen konservativen Opposition hat er es geschafft, die potenziellen Kritiker aus seinem eigenen Lager in Regierungsaufgaben einzubinden. Das wird auch Folgen im Inneren der sozialen Bewegungen haben.

Für die Komunalwahlen im nächsten Jahr, aber auch für die Parlamentswahlen im Jahr 2002 sowie für seine eigene Kandidatur für das Staatspräsidentenamt ist der französische Premierminister damit besser gewappnet als seine politischen Gegenspieler. Jospin II ist ein Balanceakt und eine Wahlkampfequipe.

DOROTHEA HAHN

nachrichten SEITE 2

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