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Lauschangriff mit Langzeitwirkung

Die Stasi hörte nicht nur die Telefongespräche der CDU-Spendensammler ab. Sie hatte ihr Ohr auch an den Leitungen der Bonner Ministerien und des Bundeskanzleramts. Der westliche Verfassungsschutz warnte vergeblich vor der Spitzelgefahr

von WOLFGANG GAST

Die Stasi wusste schon sehr früh von den Schwarzgeldgeschäften der CDU. Darauf deuten die Abhörprotokolle hin, die der Berliner Tagesspiegel gestern veröffentlichte. Einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Spendenaffäre werden diese Mitschnitte nicht liefern. Sie beweisen aber erneut, wie perfekt das Abhörsystem der Stasi funktionierte.

So hat der Staatssicherheitsdienst der DDR nicht nur den Telefonverkehr zwischen Bonner Ministerien, Behörden und dem Kanzleramt mit Westberliner Stellen jahrelang abgehört und mitgeschnitten. Die Stasi ließ auch innerhalb der Bundesrepublik lauschen. Selbst der Telefonverkehr innerhalb der damaligen Hauptstadt Bonn wurde von DDR-Spezialisten angezapft. Die Abhörpraktiken wurden nach Angaben des damaligen Innenstaatssekretärs Hans Neusel sogar noch unter der Regierung von Ministerpräsident Hans Modrow fortgeführt – auch nach dem Beschluss von 1989 zur Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).

Der Fernsprechverkehr wurde mit bemerkenswerter Gründlichkeit überwacht. 2.361 Mitarbeiter waren zuletzt in der Hauptabteilung III beschäftigt, die mit großem Aufwand vor allem die Richtfunkstrecken zwischen Berlin und dem Bundesgebiet anzapften. Diese Funkverbindungen ließen sich technisch kaum gegen Lauschangriffe sichern.

Die „politisch interessanten“ Telefonnummern wurden in einem Großcomputer gespeichert. 25.000 Anschlüsse sollen so unter permanter Kontrolle gestanden haben. Wurde eine dieser Nummern über Richtfunk angewählt, setzten die mit Spezialantennen aufgefangenen Wählimpulse automatisch die Tonbandgeräte in Gang.

Die Stasi erstickte beinahe an der Informationsflut. Der Auftrag, einen bestimmten Telefonanschluss zu überwachen, war in so genannten „Zielkontrollkarteien“ festgelegt. Auf diesen 14 mal 20 Zentimeter großen Karteikarten wurde auch der „Informationsbedarf“ beschrieben.

Im Fall von Kanzler Kohl („Privatanschluss im Kanzlerbungalow“) war auf der Karte, die als Beginn der Überwachungsmaßnahme den 15. 12. 1982 angibt, als Bedarf vermerkt: „Interna aus Kreisen der BRD-Regierung, Hinweise zur Person Kohl, Meinungen zu Politikern aller Parteien, Hinweise zu gegen die sozialistischen Staaten gerichteten Aktivitäten“.

Die Kölner Verfassungschützer haben nach den Worten des früheren Präsidenten Hellenbroich die Bundesregierung schon frühzeitig vor den Abhörversuchen der DDR gewarnt. „Meine Kollegen und ich sind nicht müde geworden, auf die Risiken des Richtfunks aufmerksam zu machen.“ Geblieben sei der Eindruck, „dass unsere Warnungen als übertrieben angesehen wurden“. Nach der Wende stellte sich dann heraus, dass auch die Anschlüsse westdeutscher Sicherheitsbehörden flächendeckend überwacht wurden.

Der Veröffentlichung der von der Stasi illegal erworbenen Kenntnisse hat allerdings das Stasiunterlagengesetz (StUG) einen gewissen Riegel vorgeschoben. In dem Gesetzestext wurden „besondere Verwendungsverbote“ für den Gebrauch der Stasiunterlagen festgeschrieben. Danach gilt: „Die Verwendung personenbezogener Informationen über Betroffene oder Dritte, die im Rahmen der zielgerichteten Informationserhebung oder Ausspähung des Betroffenen einschließlich heimlicher Informationserhebung gewonnen worden sind, zum Nachteil dieser Personen ist unzulässig.“

Ausnahmen darf es nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder der Abwehr einer drohenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit geben. Ob das für den langjährigen Generalbevollmächtigten der CDU-Schatzmeisterei, Uwe Lüthje, zutrifft, werden wohl die Gerichte klären müssen.

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