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Green Card für Yan-Yan verlängert

Zwei Monate noch darf sie anschaffen gehen, dann erst wird sie nach China abgeschoben. Der Aufenthalt der Pandabärin wurde um zwei Monate verlängert, weil Eberhard Diepgen ein Herz für Versager hat

Am kommenden Freitag läuft die Aufenthaltserlaubnis der Pandabärin Yan-Yan ab. Fünf Jahre lang hat die chinesische Leihgabe auf Kosten der Steuerzahler teuren Bambus in ihren unfruchtbaren Leib reingestopft. Tausende von Mark wurden für drei künstliche Befruchtungen unter Vollnarkose und für Versicherungen ausgegeben, Kot und Urin täglich untersucht, und zuletzt wurde sogar eine Videokamera installiert, um Geburtszuckungen – welcher Art auch immer – zu registrieren. Und wofür? Für nichts und wieder nichts.

Nachdem sich kein Tierschutzverein gegen die Quälerei aufgelehnt, der Bund der Steuerzahler geschwiegen und der Datenschutzbeauftragte sein wachsames Auge zugedrückt hat, sollte jetzt endlich Tacheles geredet werden: Das undankbare Tier muss weg! Doch die Stadtentwicklungsverwaltung, der die Naturschutzbehörde untersteht, und das chinesische Forstministerium haben sich vorerst auf eine zweimonatige Verlängerung des Aufenthaltes geeinigt.

Das riecht verdammt nach bambussüßer Rache. Wahrscheinlich soll der frigiden Yan-Yan gezeigt werden, was eine Harke ist. Denn zur Zeit purzeln die Jungtiere im Zoo, dass es eine wahre Freude ist. Da wären das Elefantenbaby „Kiri“, das Gorilla-Mädchen „Pretty Woman“ und das kleine Känguru „Skippy“. Einziger Wermutstropfen: Alle drei müssen von Tierpflegern aufgepäppelt werden. „Skippy“ und „Kiri“ wurden von ihren Müttern verstoßen, „Pretty Woman“ wurde von der Mutter getrennt, weil die nicht genug Milch produzierte. Doch der Zoo will anscheinend beweisen, dass Männer die besseren Mütter sind. Das Kängurubaby „Skippy“ bekommt im Büro seines Pflegers Rotlicht, und bei ihm zu Hause darf er fernsehen und kuscheln. Statt sich die wackligen Beinchen auf dem Berliner Pflaster zu schinden, transportiert ihn seine Ersatzmutter in einem Stoffbeutel mit der U-Bahn nach Hause. Auch das Gorilla-Mädchen „Pretty Woman“ wächst in der menschlichen Behausung seines Tierpflegers auf. Nur das Elefantenbaby „Kiri“ wollte niemand in den eigenen vier Wänden haben. Dafür hat es neben der liebevollen Zuwendung eines Reviertierpflegers, der ihm regelmäßig eine ganz spezielle Milch verabreicht, einen Tierpflegelehrling an seiner Seite. Der verbringt den ganzen Tag im Käfig, streichelt die zarte Elefantenhaut und spielt mit „Kiri“ Ball.

Bei so viel tierischer Kurzweil wird bald niemand mehr von Yan-Yan reden – wäre da nicht der Regierende Bürgermeister. Eberhard Diepgen, der sie vor fünf Jahren höchstpersönlich von China nach Berlin brachte, möchte die Versager-Bärin gerne auf Dauer in Berlin behalten. Wen wundert’s. Gleich und gleich gesellt sich gern.

B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA

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