: Widersprüchliche Ansichten
Polizei weist den Vorwurf zurück, ihr Einsatz habe am 1. Mai habe die Ausschreitungen ausgelöst. PDS, Grüne und Demonstrationsbeobachter halten weiter an ihrer Kritik am Polizeieinsatz fest
Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert hat gestern der Darstellung der taz widersprochen, wonach die Krawalle am 1. Mai durch einen Polizeieinsatz ausgelöst worden seien. Die taz hatte unter Berufung auf einen anoym zugespielten angeblichen Funkmitschnitt der Polizei berichtet, dass die Polizeibeamte in den Zug gegangenen waren um Straftäter festzunehmen. Daraufhin sei die Randale losgegangen. Demgegenüber erklärt Piestert, die Krawalle seien durch den Anmelder der Demonstration, Gunnar Krüger, ausgelöst worden. Dieser sei am Oranienplatz plötzlich losgerannt. Der Block dahinter sei im Laufschritt gefolgt. Daraufhin sei auch die Polizei an den Seiten hinterhergeprescht. Wie auf ein verabredetes Zeichen seien dann Steine und Flaschen geflogen. Die Polizei sei mitnichten in den Zug gegangen, um Straftäter festzunehmen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die der Polizeiführung durchaus kritisch gesinnt ist, bestätigt die Darstellung von Piestert, was den Beginn der Ausschreitungen angeht. „Die Polizei hat an diesem 1. Mai den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durchweg beachtet und nicht zur Eskalation beigetragen“, sagte GdP-Sprecher Klaus Eisenreich.
Rechtsanwalt Dieter Hummel, der die Demonstration beobachtet hat, ist dagegen absolut überzeugt davon, dass die Polizei das auslösende Moment für die Krawalle war. Nach Angaben von Hummel hatte der Führungsblock der Demo den Oranienplatz zu drei Vierteln umrundet, als Polizisten ohne ersichtlichen Grund von hinten in Richtung Demospitze losgestürmt seien. Diese habe daraufhin versucht, wegzurennen. In diesem Moment, so Hummel, seien von der anderen Seite Steine gefolgen.
Ähnliches berichtet auch Freke Over (PDS). Das Vorpreschen der Polizei zu diesem Zeitpunkt sei „taktischer Schwachsinn“. Festnahmen hätten auch später stattfinden können. Zu Ausschreitungen, glaubt Over, wäre es aber auf jeden Fall gekommen. „Auf beiden Seiten“ habe es genug Gewaltbereite gegeben.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Wolfgang Wieland, der die Demonstration als Beobachter begleitet hat, hat die entscheidende Szene zwar nicht gesehen. Ihm sei aber aus seriöser Quelle von einem Zugriff von Polizeibeamten im Bereich des Leittransparentes auf dem Oranienplatzes berichtet worden, sagte Wieland. Warum der Zugriff erfolgte, sei nicht einsehbar, denn es habe keine Ankündigungen und Aufforderungen von Seiten der Polizei gegeben. Erst danach seien die Steine geflogen. plu/ga
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