: Vertrag als Klotz am Bein
Harte Kritik an Präsidium des Hamburger Sportbundes wegen der Sportgutscheine für Berufsschüler ■ Von Sandra Wilsdorf
Das Gute an einer Demokratie ist, dass man mit einfachem Handheben Kritik an der eigenen Person abwehren kann. Ein Lehrstück dazu gab es am Dienstagabend bei der Mitgliederversammlung des Hamburger Sportbundes (HSB). Verschiedene Vereine hatten beantragt, das Präsidium des HSB für den Beschluss zu rügen, dass Berufsschüler ihre Sportgutscheine künftig auch bei Fitnesscentern und der Volkshochschule einlösen können.
Der Antrag wurde abgelehnt. Allerdings mit 1275 zu 1088 Stimmen nur knapp – und weil einige Mitglieder des Präsidiums auch dagegen gestimmt haben, darunter der Vertreter des Fußballverbandes mit allein 210 Stimmen.
Angenommen wurde hingegen ein Antrag des Sportausschusses der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), den Gutscheinvertrag über die vereinbarte Laufzeit bis Sommer 2002 hinaus nicht zu verlängern und einer Ausweitung auf Fitnesscenter und VHS nicht zuzustimmen. Und es blieb die Kritik etlicher Vereine, die Thomas Beyer von „Aktive Freizeit“ so formulierte: „Wir haben bereits mehrmals beschlossen, dass wir diesen Vertrag nicht wollen, weil er schlecht ist. Stattdessen geht das Präsidium los und verhandelt über VHS und Fitnesscenter. Wir haben jemanden gewählt, der die Arbeit gemeinnütziger Arbeit vertritt und nicht kommerziellen Anbietern neue Mitglieder in die Arme treibt. Ich finde, das ist ein Skandal.“
Die Mitgliederversammlung des HSB hatte bereits 1998 und 1999 beschlossen, dass der Vetrag mit der Schulbehörde mindestens fristgerecht, besser aber noch vorher zu kündigen sei. Denn weniger als 15 Prozent der BerufsschülerInnen nehmen die Gutscheine in Anspruch, und von denen zahlen mehr als die Hälfte damit nur den Verein, in dem sie ohnehin Mitglied sind. Statt junge Leute an den Sport heranzuführen, dienen die Gutscheine den meisten als zusätzliches Taschengeld.
„Der HSB hat den Vertrag bisher nicht gekündigt, weil die Schulbehörde an ihm festhält, wir wollten ihn nicht einseitig kündigen“, sagt Jan Schütte, Pressesprecher des HSB. Die Schulbehörde lehnt sich erstmal zurück und wartet ab: „Wir halten weiter an den Prinzipien des Bündnisses fest“, sagte Achim Meyer auf der Heyde, Leiter des Amtes für berufliche Bildung und Weiterbildung. Eine Wiedereinführung des Sportunterrichtes in den Berufsschulen werde es aber auf keinen Fall geben.
Zu dem Anliegen, frühzeitig aus dem Vertrag auszusteigen, sagt er: „Der HSB kommt da gar nicht ohne weiteres raus“ und spielt damit auf Projekte an, für die der HSB längerfristig Geld von der Behörde kassiert, beispielsweise für Kooperationen von Schulen und Vereinen.
Aber der HSB hat noch ein anderes Problem: In dem Vertrag hat die Schulbehörde den Vereinen zugesichert, dass für die Laufzeit des Vertrages keine Nutzungsgebühren für Schulsporthallen fällig werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass mit seinem Ende dieses Fass wieder aufgemacht werden kann.
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