: Ohne Fleisch kein Preisch
Großmarkt lässt gemeinsame Pressekonferenz mit dem Wirtschaftssenator zur Messe kurzfristig platzen: „Noch interner Klärungsbedarf“ ■ Von Peter Ahrens
Es war alles so schön geplant: Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) wollte gestern vor die Presse treten, seine Vorstellungen zur Erweiterung der Messe im Schanzenviertel präzisieren und dies als besonderen Coup gemeinsam mit der Leitung des Fleischgroßmarktes (FGH) tun – um Übereinstimmung und Geschlossenheit zwischen Senat und Großmarkt beim Thema Messe kundzutun.
Doch die Demonstration der Einigkeit kam nicht zustande. Der Fleischgroßmarkt ließ die Pressekonferenz kurzfristig platzen, weil er noch „internen Klärungsbedarf“ angemeldet hatte. Was für die Wirtschaftsbehörde „nur ein bisschen unglücklich gelaufen“ ist, nennt die Opposition vom Regenbogen „eine schallende Ohrfeige für den Senat“.
Der Fleischgroßmarkt befürchtet den massiven Verlust von Arbeitsplätzen, wenn die Messe sich auf seinem Gelände breit machen sollte – so wie es die rot-grünen Pläne spätestens für den zweiten Bauabschnitt vorsehen. Wenn der Großmarkt Fläche hergebe, bestehe die Gefahr, irgendwann nicht mehr lebensfähig zu sein, ist die Furcht – und das hieße letztlich: Wegfall von bis zu 4000 Arbeitsplätzen, die direkt oder indirekt an der Existenz des FGH hängen. Der Fleischgroßmarkt mit einem Umsatz von knapp 1,4 Milliarden Mark im Jahr ist der größte Arbeitgeber St. Paulis. Dagegen haben sich Mirow und Bürgermeister Ortwin Runde aus dem Fenster gelehnt: Sie haben dem Unternehmen eine Bestandsgarantie zugesichert und schließen einen Stellenabbau als Folge der Messe-Erweiterung aus.
Während Aufsichtsrat und Vorstand des Unternehmens sich „nach wie vor gesprächs- und kompromissbereit“ mit der Wirtschaftsbehörde zeigen, rebellieren zahlreiche der insgesamt 160 kleinen und mittleren Betriebe, die sich auf dem oder um das Großmarktgelände herum angesiedelt haben. Großmarkt-Vorstand Hans Guthold berichtet von einer Grundstimmung unter diesen Betrieben, die sagt: „Es hat keinen Zweck mehr, noch mit der Behörde zu reden.“ Guthold und Aufsichtsratschef Jörg Mattfeld würden so weit allerdings nicht gehen: „Wir haben immer gesagt: Wir sind grundsätzlich willens, als Nachbarn der Messe zu helfen.“ Das dürfe aber nicht um dem Preis geschehen, dass „uns das Kreuz gebrochen wird“.
Regenbogen-Sprecherin Heike Sudmann nimmt die abgesagte Pressekonferenz als Zeichen dafür, dass „die von Mirow aufgestellte Behauptung, beim Thema Messe gäbe es zwischen Senat und Fleischgroßmarkt keine Differenzen, sich als Luftblase entpuppt“. Sudmann ist davon überzeugt, dass „sich ungeschmälerter Bestand des Großmarktes und eine Messe-Erweiterung à la Mirow nicht miteinander vertragen“. Der Regenbogen fordert daher ein Gutachten zum genauen Flächenbedarf der Messe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen