: Auslandserfahrung „unzumutbar“
■ Willi Lemke wünscht sich europafähige Schüler / Doch die ersten Schulversuche drohen jetzt am Lehrermangel zu scheitern
Praktikum und Auslandserfahrung – das gilt unter Schülern und Studenten immer mehr als Eintrittskarte in die Berufswelt. Auch die Bremer Bildungsbehörde legt Wert auf diese „Schlüsselqualifikationen“. Vor zwei Jahren hatte man einen Kooperations-Vertrag unterzeichnet, um „Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu fördern“ und „Austauschmaßnahmen zwischen beruflichen Schulen zu ermöglichen“.
Das klingt zwar schön, aber die Realität sieht anders aus. Zum Beispiel am Schulzentrum Walle. Gestern hat Schulleiterin Barbara Larisch sechs holländische Arzthelferinnen verabschiedet, die knapp drei Wochen lang Fachvokabeln lernten und in Bremens Arztpraxen hospitierten. Ein „wunderbares Projekt“ schwärmt Larisch. Dennoch gehen die beteiligten Lehrer mittlerweile auf dem Zahnfleisch. Denn die Förderung aus der Bildungsbehörde belief sich bislang nur auf „moralische Unterstützung“, wie Ferdinand Berghorn von der Schulaufsicht gesteht.
Für Organisation und Betreuung des Projekts würde Larisch ihren Kollegen gern zwei Entlastungsstunden pro Woche geben. „Ich wäre froh, wenn wir solche guten Sachen mehr unterstützen könnten“, erklärt Berghorn. Und auch Bildungssenator Willi Lemke (SPD) wollte so eigentlich das Profil der Schulen stärken. Dennoch: „Die Kapazitäten dafür sind äußerst knapp.“ Dabei fehlen in Walle ohnehin zwei Vollzeitstellen. Zusätzliche Arbeit durch Austauschprojekte sei den überlasteten Kräften einfach nicht mehr zuzumuten.
Inwieweit die Kooperation mit den Niederlanden weitergehen kann, steht und fällt mit den erhofften Entlastungsstunden. „Ich kann meinen holländischen Partnern derzeit nicht sagen, wie es weitergeht“, klagt Larisch. Die begleitenden Lehrer aus Almelo nicken: „Wir haben die gleichen Probleme.“
Aber selbst wenn Schule und Behörde die auf dem Papier belobigte Förderung in die Tat umsetzten – der Arzthelferinnen-Austausch hakt noch an anderen Stellen: Es fehlt an Plätzen für die Partner-Schüler: Gerade mal sechs Teilnehmerinnen kommen aus Holland und erhalten nächste Woche Gegenbesuch aus Bremen. „Es gibt wenig Ärzte, die unsere Austausch-Praktikanten nehmen,“ bedauert Larisch. In Zukunft könnte sich die Ärztekammer am Projekt beteiligen. Vielleicht steigt dann die Akzeptanz bei den Ärzten. Denn die müssen auch den deutschen Azubis erlauben, drei Wochen in den Niederlanden zu hospitieren. Und da ist die eigene Praxis oft näher als Europa. Jedenfalls haben sich bislang aus Rücksicht auf den Arbeitsdruck zu Hause nur wenige der rund 500 Arzthelferinnen an der Waller Schule für Almelo gemeldet. „Die meisten wollten das ihren Chefs nicht zumuten“, war die Erfahrung der Projektleiter. pipe
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