IT-Nachwuchs ausgeloggt

Die Berliner Unis beschließen Zugangsbeschränkungen für Informatik. Sie fordern mehr Geld, um die Ausbildungsqualität zu sichern. Senat will die Wirtschaft einbinden. IHK fordert konzertierte Aktion

von DIETMAR KAMMERER

Die Wirtschaft sucht dringend Informatiker. Der Nachwuchs ist studierwillig. Doch die Berliner Unversitäten machen erst mal dicht. Nach der Technischen Universität (TU) hat gestern auch die Humboldt-Universität (HU) Zugangsbeschränkung für Informatik beschlossen. Die Freie Universität (FU) will nachziehen.

Während die Bundesregierung heftig um ausländische Spezialisten wirbt, will in Berlin niemand an der Misere schuld sein. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) bezeichnet das Vorgehen der Hochschulen als „paradox und schädlich“. Die Unis beschweren sich über zu wenig Geld. Und der Senat sieht die Wirtschaft am Zug.

Schon zum kommenden Wintersemester will die HU nur noch 320 Bewerber zum Informatikstudium zulassen. Im vergangenen Wintersemester waren es 560. Die TU hatte bei 200 Plätzen 534 Studenten aufgenommen. Laut IHK ist zudem eine Verdreifachung der Anfängerzahlen zu erwarten.

„Wir haben die Grenzen der Belastbarkeit überschritten“, argumentiert Elfriede Fehr, Dekanin am Fachbereich Informatik und Mathematik der FU Berlin. Bei wachsender Überlast sei die Qualität der Ausbildung nicht mehr gewährleistet. „Schuld ist in erster Linie die Politik“, so Fehr. Sie fordert vom Senat zusätzliche Mittel in Höhe von 3,5 Millionen Mark, um die Zahl der Professuren aufzustocken. Zudem setzt sie auf privatwirtschaftliche Sponsoren und hat schon mal ein Spendenkonto „Kein NC in Informatik“ eingerichtet.

Der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Schuster, gibt den schwarzen Peter an die Hochschulen zurück. Die Unis müssten die Gelder intern besser verteilen und so Engpässen vorbeugen. Die Politik könne nicht mehr tun, als Finanzsicherheit zu garantieren.

Auch Bernhard Weinschütz (Grüne) wünscht sich eine bessere interne Mittelverteilung. Dabei sollten die Unis verstärkt die Nachfrage des Arbeitsmarktes berücksichtigen. Dennoch sei unzweifelhaft, dass insgesamt für die Unis zu wenig Geld ausgegeben werde, so Weinschütz.

Der Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung, Josef Lange, wirft der Wirtschaft vor, zu kurzfristig zu denken. In den Jahren 1992 bis 94 habe die Wirtschaft vor der Aufnahme eines Studiums in den Ingenieurwissenschaften gewarnt, da damals ein Überhang an Fachkräften bestand.

„Die Universitäten handeln verantwortungsvoll“, glaubt Lange. Denn nur ein Numerus clausus sichere in der augenblicklichen Situation die Qualität der Ausbildung. Lange sieht nun die Wirtschaft am Zug; sie solle an die Unis herantreten, um zusätzliche Kurse zu organisieren, nicht nur für Informatik-, sondern für alle Studierenden.

Die Wirtschaft will die Last jedoch nicht allein tragen. Die IHK unterstützt die Forderung nach einem Sonderprogramm von 15 Millionen Mark, um die benötigten Kapazitäten zu schaffen. Zudem sei eine „konzertierte Aktion“ von Hochschulen, Senat und Wirtschaft notwendig.