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die stimme der kritikBetr.: Die Herren Icke, Woschi, Scholli und Co

Fußballzwerg Deutschland

Es wird höchste Zeit, in dieser kleinen großen Zeitung über die kleinen Großen zu berichten. Deutschland hatte immer reichlich davon, nicht nur in der Politik! Sie hießen Uwe Seeler, Gerd Müller, Pierre Littbarski und Hans-Hubert Vogts. Zwergenhaft an Wuchs, groß in ihrem fußballerischen Vermögen. Einer der kleinen Großen wurde jetzt wieder entdeckt: Thomas Häßler, der Haken schlagende Berliner Junge, darf doch noch mit zur Fußballeuropameisterschaft. Zu befürchten ist, dass dieser Betriebsausflug der Unsrigen einen unguten Ausgang nehmen könnte. Allein das hohe Zwergenaufkommen in der Mannschaft gibt Anlass zur Hoffnung. Wir notieren: Wosz, Dariusz 1,69 Meter; Häßler, Icke 1,67; Jeremies, Jens 1,76; Scholl, Mehmet 1,76; Matthäus, Loddar 1,74. Wir kritisieren an dieser Stelle volles Rohr die Nichtnominierung von Neuville, Oliver, der mit 1,71 das Erscheinungsbild komplettiert hätte.

Was nützen uns die Kleinen? Zunächst erleben wir erstmals eine gewisse Kongruenz zwischen Statur und Status der deutschen Mannschaft, das schafft schon mal Authentizität. Unsere Minis könnten zudem zur Unterschätzung durch gegnerisch-bullige Riesen führen, die, zumal bei schlecht gemähtem Rasen, den ein oder anderen Akteur zwischen den Halmen übersehen. Außerdem sorgt ihre behende Quirligkeit womöglich für nötigen Spielwitz. Das Wichtigste indes: Den Kleinen gilt unsere ganze Fürsorge. Ihre Körpermaße sind bestens geeignet, mit Hilfe der von Biologen gern „Kindchenschema“ genannten Drolligkeit unsere Behüterinstinkte zu aktualisieren und ihre schlechte Performance zu entschuldigen. Sind die süüüß!

Schon bei früheren Weltmeisterschaften erfand die Nation hübsche Kosenamen wie Litti, Klinsi, Berti und förderte so das Identifikationsvermögen mit den elf Buben. Verloren gegangenes Daumendrücken, ja vielleicht sogar ein wenig Herzenswärme könnten sich in deutschen Wohnstuben einstellen, wenn Icke zu Woschi oder Jensi passt, und der – mein lieber Scholli! – im Strafraum zwischen fremden Beinen rumwuselt. Die Angewohnheit der Herren Netzer und anderer, die Mannschaft nach verlorenem Spiel einen Kopf kürzer zu machen, würde sich bei den Spielern Wosz und Häßler in jedem Fall erübrigen. MANFRED KRIENER

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