: In Würde metzgern
Bis 1984 verdiente Karl Ludwig Schweisfurth sein Geld mit industriell produzierten Würsten. Jetzt glänzt er als Ökometzger auf der Expo 2000
von BERND HEIN
Erst machte er die „Herta“-Werke zum größten Fleischkonzern Europas – und jetzt zeigt Karl Ludwig Schweisfurth auf der Expo 2000 der Welt, was ökologischer Landbau ist.
Es war Fleisch, als der Lenker des größten Schlachtkonzerns Europas Schweine häppchenweise in Folie verschweißen ließ. Es blieb Fleisch, als Schweisfurth 1984 Herta an Nestlé verkaufte und beschloss, Vater der ökologischen Werkstätten in Hermannsdorf zu werden, 30 Kilometer südöstlich von München.
Das Kind ist erwachsen geworden und hat Nachkommen gezeugt. Im November vergangenen Jahres eröffneten die Landwerkstätten am Kronsberg bei Hannover – und sind nun ein offizieller Beitrag der Expo 2000. Auf 100 Hektar plante Schweisfurth ein Dorf und verpachtete es an Brauer, Metzger, Käser, Bäcker, Wirte und Händler. Sie sollen den Besuchern zeigen, wie man handwerkliches Geschick und moderne Technik für ökologische Produkte mischt.
Die Schweisfurth-Stiftung, die in München sitzt und sich um die wissenschaftlichen Grundlagen des ökologischen Landbaus kümmert, wird die Ernährungs-Halle auf dem Expo-Gelände in Hannover bespielen. Schweisfurth hat seine Art der Provokation schon mitten hinein pflanzen lassen: ein goldenes Schwein, sechs Meter hoch und mit Talmi behängt. Schweisfurth weiß, dass sein Erfolg mit der Ökologie auf der Turbomast der Tiere gründet, die er im westfälischen Herten über die Förderbänder schickte. Der Werbespruch „Wenn’s um die Wurst geht“ stand für 5.500 Mitarbeiter, die 1,6 Milliarden Mark Jahresumsatz erfleischerten.
Das Geld schaffe vor allen Dingen eine Möglichkeit, sagt er. Der Exmanager hat auch für seine Wandlung einprägsame Sätze parat. Er erzählt, wie seine Frau Dorothee ihn mit buddhistischen Gedanken in Kontakt brachte, die Kinder Karl, Georg und Anne ihn mit grünen Ideen infizierten. Der Groschen fiel bei einer seiner jährlichen Fastenwochen. „Wir leben vom Leben und müssen achtsam mit der Natur umgehen. So einfach ist das.“ Solche Sätze sagt Schweisfurth gern. Er hat sie in seinen Büchern immer wieder geschrieben.
Schweisfurth ist ein pragmatischer Metzger. „Ich habe mich oft gefragt, ob wir das Recht haben, ein Tier zu töten. Das ist wohl ein Gesetz des Lebens. Und wenn das so ist, dann soll der Tod ein artgerechtes und würdiges Leben beenden.“ So einfach ist das. Und deshalb wohl will er noch „1.000 Hermannsdörfer“ bauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen