: Hafenreviere bleiben Gewerbe-Brache
■ „Entwicklungskonzeption“ für die alten Hafenreviere verschiebt das Thema wieder um zehn Jahre / Mit dem Großmarkt sollen sich bis dahin die Betriebe ausweiten können
Man habe „sehr streitig diskutiert“, gestand Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) gestern, nachdem der Senat endlich zur „Entwicklungskonzeption zur Umstrukturierung des Hafenrevier rechts der Weser“ seine Zustimmung gegeben hatte. Es habe verschiedene „semantische Übungen“ gegeben, von den unterschiedlichen Auffassungen sei nun „eine vernünftige Mischung in dem Senatsbeschluss“ übrig geblieben. Konkret war es bei dem Streit vor allem um das Wohnen im südlichen Bereich des Überseehafens gegangen. „Diese Frage der außergewerblichen Nutzung wird erst 2011 bis 2018 gestellt“, erläuterte Hattig des Senatsbe-schluss. Dies war nach einer Sitzung in der Handelskammer in den Beschluss des Senats noch einmal in aller Deutlichkeit hineingeschrieben worden. „Wer dann dorthin zieht“, so Hattig, „muss wissen, dass er in ein Gewerbegebiet zieht.“ Der Satz ist vermutlich eine unfreiwillige semantische Übung: Das Wohnen in einem Gewerbegebiet ist nach der Baunutzungsverordnung nicht erlaubt. Bernd-Artin Wessels (Atlanta-GmbH) hatte seine Bereitschaft, neuer Präses der Handelskammer zu werden, von einer Zusage des Senats gegen die Wohn-Option abhängig gemacht.
Der vordere Bereich der Hafengebiete zwischen dem Faulen-Quartier und dem Europahafen ist von der City beim Bau der Stadtautobahn B 75 abgeschnitten worden. Früher fuhr sogar eine Straßenbahn durch die Faulenstraße in die Hafenreviere. Nun soll wenigstens die Straße „Am Wall“ wieder in den vorderen Bereich des Hafens verlängert werden – allerdings erst nach 2006. Die Bausenatorin Tine Wischer (SPD) möchte diese Maßnahme gern vorziehen, aber da hat der Wirtschaftssenator noch nicht zugestimmt. Auch das Geld wurde dafür nicht zur Verfügung gestellt.
Revidiert werden soll auch die Entscheidung, dem Safthersteller Dittmeyer eine 1,5 Kilometer lange Kaje am Europahafen in Erbpacht zu übertragen. Es war immer klar, dass Dittmeyer die Hallen nicht alle braucht, auf etwa ein Drittel soll er nun verzichten, damit ein Zugang aus Walle zum Europahafen frei wird. Mit Dittmeyer haben aber darüber keine Gespräche stattgefunden, erklärte Wirtschaftsstaatsrat Uwe Färber.
Offen ist, was aus dem Speicher XI werden soll (die taz berichtete). Aus der Beschlussvorlage des Senats wurde die Idee, hier ein „Hafenmuseum“ einzurichten, in letzter Minute gestrichen.
Klar ist und bleibt: Der Großmarkt wird umgesiedelt, die LKW-Flotte der Firma Hameico soll auf der westlichen Seite des Großmarktes ihren Platz bekommen – direkt an der „Fläche 12“, für die in zehn Jahren hochwertige Nutzungen beredet werden sollen.
Bernd Tiedeman, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft für Hamburgs geplante „Hafen-City“, berichtete gestern Nachmittag auf einem „Stadtentwicklungs-Gespräch“ vor rund 200 interessierten Fachleuten, wie weit Hamburg mit seiner „Hafen-City“ ist. In Hamburg wäre nie eines der historischen Hafenbecken zugeschüttet worden, hat Voscherau einmal in Bremen versichert. Hamburg will der Dienstleistungswirtschaft neue Adressen in der Stadt bieten, die renommierte Computer-Firma SAP hat schon für die Hafen-City zugesagt. 5.500 Wohneinheiten sollen den neuen Teil der City lebendig machen. „Es geht wirklich los, das sage ich auch den Bremern“, meinte Tiedemann. „Man braucht ein bisschen Mut, und dann muss man auch mal springen.“
Den „Sprung“ hatte der Bremer Senat gerade abgelehnt. Durch Entscheidungen des Senats – Großmarkt, Dittmeyer – seien für die Entwicklung der bremischen Hafenreviere eher Probleme geschaffen worden, kritisierte der frühere Ortsamtsleiter aus Walle, Bernd Peters – unter dem großen Beifall der Versammlung. K.W.
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