piwik no script img

RAF-Frau angeklagt

Bundesanwalt wirft der im letzten Jahr in Wien verhafteten Andrea Klump Mordversuch und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor

FRANKFURT/MAIN taz ■ Generalbundesanwalt Kay Nehm hat gestern gegen das mutmaßliche Mitglied der „Roten Armee Fraktion“ (RAF), Andrea Martina Klump, beim Oberlandesgericht Stuttgart Anklage erhoben. Ihr werden versuchter Mord, Verabredung zum Mord, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und weitere Straftaten vorgeworfen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft soll die 43-Jährige seit 1977 zum „Unterstützerkreis“ der RAF gehört haben; seit 1984 sei sie dann bis zur Auflösung 1998 aktives Mitglied gewesen.

Klump war am 15. September 1999 in einer spektakulären Aktion in Wien festgenommen worden. Sie und das mutmaßliche RAF-Mitglied Horst-Ludwig Meyer wurden nach einem Hinweis aus der Bevölkerung von einer Polizeistreife auf der Straße angehalten. Das Paar riss einer Beamtin die Pistole aus der Hand und flüchtete. Die Polizistin stoppte ein Motorrad und nahm die Verfolgung auf. Wenige Straßen weiter lieferten sich Meyer und mehrere Polizeibeamte ein Feuergefecht. Ein Agent einer österreichischen Spezialeinheit tötete Meyer mit einem gezielten Brustschuss. Klump warf ihr Messer weg und ließ sich widerstandslos festnehmen. Im Dezember 1999 wurde sie nach Deutschland ausgeliefert; seit dem 23. Dezember befindet sie sich in Untersuchungshaft.

In der Anklageschrift wird Klump vor allem zur Last gelegt, zusammen mit Meyer im Juni 1988 einen Sprengstoffanschlag gegen Nato-Soldaten im spanischen Rota vorbereitet zu haben. Nur 100 Meter von dem mehrheitlich von US-Militärangehörigen frequentierten Hotel „Playa de la Luz“ entfernt, hätten Klump und Meyer ein Moped mit insgesamt 13,5 Kilogramm Sprengstoff bestückt. Das Kleinkraftrad sollte am Hoteleingang abgestellt werden, der mit fünf Kilo Stahlnägeln angereicherte Sprengstoff gegen 0.30 Uhr explodieren. Die Gäste sollten durch eine anonyme Bombendrohung vor das Hotel gelockt werden. Das Vorhaben sei nur misslungen, weil einer der selbst gebastelten Zünder schon bei der Montage detonierte, heißt es in der Anklageschrift. Klump und Meyer seien dann zu Fuß geflüchtet und später in Sevilla untergetaucht. Zuvor sei es noch zu einem Schusswechsel mit zwei Polizisten gekommen, bei dem aber niemand verletzt wurde. Noch keine Anklage erhoben hat der Generalbundesanwalt wegen der mutmaßlichen Beteiligung von Klump an dem Mordanschlag gegen den Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, im November 1989. Die Ermittlungen dazu dauern noch an. Ein Termin für das Verfahren gegen Klump steht noch nicht fest.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen