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kikkerballenEin Abgesang auf glorreiche Fußballzeiten

Balla Balla Balla

Nun gut, sicherlich, dann machen wir einfach mal, mal sehen, wie weit wir kommen, man kann ja gar nix mehr anfangen ohne diese unangenehme Angst, es könnte einen sofort, schon in der Vorrunde, raushauen: Langzeitfolgen des deutschen Ausscheidens bei der EM 2000.

Hat sich ja schon in der Anfangsphase abgezeichnet: Diese Europameisterschaft ist ein müder Abklatsch ihrer Vorgängerin, ein Abgesang auf glorreiche Fußballzeiten – obwohl gerade in die Topspieler große Erwartungen gesetzt worden waren im Vorfeld. Jonas allerdings, die Hoffnung unseres EM-Betrachtungsteams, war übertrainiert. Der war extra aus der Ferne angereist, um in altbewährter Runde mitzittern zu können, hatte jedoch am Abend vor dem Eröffnungsspiel, noch im Zug von Berlin nach München, zu tief ins Glas geschaut und fiel beim ersten Spiel praktisch aus. „Kein Bier für mich – mir ist schlecht“, winkte er schon in der zweiten Spielminute ab – jener Mann, der vor vier Jahren noch einen halben Kasten alleine geleert und damit Restenergien für eine legendäre Schlussphase freigesetzt hatte, wirkte diesmal seltsam müde, kraftlos, gealtert.

Marco, ihn hatte es vor vier Jahren, und auch vor zwei, bei der Weltmeisterschaft, kaum fünf Minuten im Sessel gehalten, zu aufregend waren die Spiele der deutschen Nationalmannschaft für ihn, um sie im Sitzen betrachten zu können. Aber diesmal: Marco bewegte sich kaum. Ihm war klar, schon Wochen vor dem Anpfiff: „Uns haut es raus, in der Vorrunde. Warum sehen wir uns diese Trauerspiele überhaupt noch an?“

Ja – warum eigentlich? Und jetzt, nach dem deutschen Ausscheiden – warum überhaupt noch? Sind nicht auch Delling und Netzer einfach nur noch langweilig? Muss man diesen schrecklichen OBI-Biber nicht mit aller Kraft hassen? Hat es einen Sinn, herausfinden zu wollen, wie Spieler jeglicher Nationalität schlafwandlerisch einen Abstand von 9 Metern und 15 Zentimetern einhalten können? Gibt es ein Neunmeterfünfzehn-Gen? Oder bescheißt uns das ZDF, indem es regelmäßig den Neunmeterfünfzehnkreis mit Hilfe modernster Computertechnik schrumpft oder ausweitet, je nach Bedarf? Sind Fußballspiele sehenswert, während deren man sich – ohne irgendeine wesentliche Szene zu verpassen – getrost eine Viertelstunde lang darüber austauschen kann, ob der Schiedsrichter seine Glatze nun einölt oder eincremt? Oder ob es am Ende nur Schweiß ist?

Und trotzdem gab es das auch diesmal den Jubel, die Begeisterung, die Freude, die auch einen ergreifen kann, der von Fußball aber auch nicht die geringste Ahnung hat: Deutschland – Portugal, die Schicksalspartie, auf Großleinwand im Biergarten, voll besetzt, Bierdunst lag in der Luft, und, doch, so etwas wie eine vage Hoffnung, es könnte noch klappen irgendwie. Müde kickte die deutsche Mannschaft umher, dann, plötzlich, in der 22. Minute, ein Aufschrei ging durch die Menge, Tor, Tor, Tor! Tor für Rumänien! Rumänien – was für ein herrliches Land! Rumänen – unsere Brüder! Half aber alles nix, der Rest dieses enttäuschenden Abends ist bekannt.

Bleibt vielleicht noch anzumerken, dass der Erfolg der französischen Nationalmannschaft nach fester Überzeugung des Autors auch diesmal dem geradezu dialektischen Zusammenspiel von Bixente „Dieser Rasur“ und Torwart Fabien Barthéz geschuldet ist.

STEFAN KUZMANY

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