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Finnland als rauchfreie Zone

Ein neues Arbeitsschutzgesetz weist ab 1. Juli die Raucher vor die Tür. Das Gesundheitsministerium will gleich noch einen Schritt weitergehen und auch das Qualmen in Privatwohnungen verbieten

aus StockholmREINHARD WOLFF

Heute wollen sich die EU-GesundheitsministerInnen in Luxemburg auf eine neue Tabakdirektive einigen, nach der größere Warntexte auf den Zigarettenpackungen obligatorisch werden, Grenzwerte gesenkt und die Tabakindustrie verpflichtet werden soll, alle Zusatzstoffe zu offenbaren. Da geht Finnland gleich einen bedeutenden Schritt weiter. Am 1. Juli tritt dort ein neues Gesetz in Kraft, in dem als erstem Land Europas Tabakrauch als gesundheitsgefährdende und krebserregende Substanz im Sinne der Arbeitsschutzverordnung eingestuft wird.

Die Gesetzesänderung misst dem blauen Qualm eine neue juristische Qualität bei: Wie bei anderen vom Arbeitsplatz ausgehenden Gesundheitsgefährdungen werden den ArbeitgeberInnen damit besondere Schutz- und Fürsorgeverpflichtungen auferlegt. Das wird vor allem die Gaststätten- und Restaurantbranche treffen. Alle derartigen Etablissements mit einer Fläche von mehr als 50 Quadratmetern müssen nach einer in einem Jahr ablaufenden Übergangsperiode völlig rauchfrei geworden sein. Für rauchende Kunden können ausnahmsweise besondere Bereiche abgetrennt werden, die aber nur weniger als die Hälfte der Gesamtfläche umfassen dürfen und innerhalb derer so effekte Belüftungsanlagen installiert sein müssen, dass das Servierpersonal auch hier so gut wie rauchfrei arbeiten kann. Die Kneipiers müssen alle ArbeitnehmerInnen, die mehr als 40 Tage im Jahr zumindest 4 Stunden täglich in nicht absolut rauchfreier Umgebung arbeiten, beim Register für Arbeitskrankheiten melden, um eine mögliche spätere Anerkennung von Krankheiten als arbeitsplatzverursacht zu erleichtern.

In die Mutterschutzgesetzgebung wird eine neue Vorschrift aufgenommen, nach der ein Anspruch auf zusätzliches staatliches Mutterschaftsgeld besteht, wenn eine schwangere Angestellte nicht auf einen absolut rauchfreien Arbeitsplatz umgesetzt werden kann und deshalb für längere Zeit als nach der normalen Mutterschutzgesetzgebung ausfällt. In auch noch so schwach verqualmter Arbeitsumgebung muss sie sich dann nämlich nicht mehr aufhalten.

Die ArbeitgeberInnen haben künftig die Pflicht, regelmäßige Messungen des Nikotingehalts der Arbeitsplatzluft vornehmen zu lassen. Die ArbeitnehmerInnen werden außerdem durch laufende Urinproben überwacht, in welchen Kotinin – ein Abbauprodukt von Nikotin im menschlichen Körper – gemessen wird.

Der hinter der Gesetzesnovelle stehende Gedanke: Effektiver und objektiver als über oft nicht kontrollierbare Verbote könne durch ein solches Maßnahmenbündel tatsächlich eine „rauchfreiere“ Arbeitsumgebung durchgesetzt werden. Während die Gewerkschaft der Hotel- und Restaurantangestellten die Neuregelung uneingeschränkt begrüßt, klagt die Arbeitgeberseite über angeblich schwer zu lösende technische Probleme und fürchtet bedeutende Umbau- und Renovierungskosten und das Ausbleiben von rauchenden Gästen. Welchen, wenn es nach dem Willen des derzeit in Sachen Tabak besonders aktiven Gesundheitsministeriums geht – es verweist auf jährlich rund 5.000 Tabaktote unter den 5 Millionen FinnInnen –, bald nur die Einsamkeit der weiten Wälder und Seen bleiben wird, um ihrer Sucht zu frönen. Denn nicht einmal mehr das heimische Wohnzimmer oder der Balkon sollen bald noch amtlich genehmigte Qualmreservate bleiben: weil der Rauch ja über offene Fenster oder Belüftungsanlagen in fremde vier Wände vordringen könne.

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