: Schonzeit für Ewald
Wieder einmal wird der Berliner Doping-Prozess vertagt, weil Gericht und Nebenklage Verschiedenes wollen
BERLIN dpa ■ Eine Woche nach der angekündigten Urteilsverkündung gegen den langjährigen DDR-Sportchef Manfred Ewald ist der Ausgang des Spitzenprozesses um das systematische Doping weiter offen. „Das fragen Sie am besten die Nebenklage“, antwortete der Vorsitzende Richter Dirk Dickhaus am gestrigen 21. Verhandlungstag auf die Frage von Journalisten nach dem zu erwartenden Prozessende. Weiter verhandelt wird kommenden Dienstag, ein Urteil ist auch da nicht zu erwarten.
Die 38. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts hörte am Donnerstag die frühere Dresdner Schwimmtrainerin Karla Heitmann als Zeugin an, um die Zugehörigkeit der Nebenklägerin Catherine Menschner zu Kaderklassen im DDR-Hochleistungssport zu klären. Menschner habe zu keiner Zeit einer Kaderklasse gehört, sagte Heitmann. Für das Gericht war diese Frage wichtig, um zu prüfen, ob auch Menschner in die zentrale Doping-Konzeption eingebunden war, für die der gemeinsam mit Ewald angeklagte Sportarzt Manfred Höppner eine Mitverantwortung gestanden hatte.
„Ich fand den Prozesstag frustrierend, schwankte zwischen Wut und Lachen“, reagierte Menschner auf die Aussage ihrer Ex-Trainerin, die jede Beteiligung am Doping verneinte und erklärte, sie habe nur „gelbe Vitamintabletten“ an ihre Schützlinge vergeben. „Mit blauen Pillen habe ich nie was zu tun gehabt“, überraschte Heitmann die Nebenklage. „Wenn sie behauptet, nur eine einzige Sorte Tabletten vergeben zu haben, dann lügt sie schlichtweg“, sagte Menschner und ergänzte: „Es hätte mich auch gewundert, wenn sie irgendetwas zugegeben hätte.“
Im Kern geht es in der Schlussphase des Prozesses nur noch um die Frage, ob die Angeklagten Verantwortung für die Doping-Vergabe auch an nicht den Spitzenkadern zugehörigen Athletinnen tragen.
Kommenden Freitag geht das Gericht in die 30-tägige Sommerpause. Demnach könnte das Urteil vermutlich erst im September fallen. Damit würde sich der Zeitdruck für die Kammer weiter erhöhen, da die Vorwürfe am 2. Oktober verjähren.
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