: HypoVereinsbank zieht’s nach Osten
Deutschlands zweitgrößte Bank übernimmt Österreichs größte und wird damit zum ausländischen Unternehmen mit dem größten Marktanteil in Mittel-und Osteuropa. Experten sprechen von „Dream-Deal“, Österreicher beklagen „Ausverkauf“
von BEATE WILLMS
„Jetzt ist es aus“, empörten sich „aufgebrachte Bürger“, kaum dass das Geschäft gelaufen war, via Internet beim Wiener Standard. „Warum verschleudern wir alle guten Unternehmen an die Piefkes?“ Anlass der Entrüstung: Die in der österreichischen Öffentlichkeit ohnehin misstrauisch beäugten Verhandlungen über einen Einstieg der deutschen HypoVereinsbank (HVB) bei der Bank Austria (BA) hatten am Samstag zu einem überraschend radikalen Ergebnis geführt. Die Bayern, in Deutschland hinter der Deutschen Bank die Nummer zwei, wollen den österreichischen Branchenführer nun komplett übernehmen.
Mit dem Zusammenschluss entstünde ein Kreditinstitut mit einer Bilanzsummer von rund 650 Milliarden Euro, etwa 65.000 Beschäftigten, mehr als 8 Millionen Kunden und über 2.000 Filialen.
BA-Chef Gerhard Randa hatte schon länger nach Partnern gesucht, um vor allem die Ostexpansion voranzutreiben. Dabei hatte er jedoch eher mit einer 25-prozentigen Beteiligung geliebäugelt. Auch damit wäre ein neuer Aktionär Hauptanteilseigner geworden. Denn bisher besitzt die Wiener Anteilsverwaltung Zentralsparkasse mit 22,7 Prozent den größten Teil der BA-Aktien – vor der WestLB mit 7,91 Prozent. 55 Prozent befinden sich im Streubesitz. HVB-Chef Albrecht Schmidt, der als einer der aggressivsten Banker Deutschlands gilt, wollte das Management jedoch kontrollieren. Offenbar hatte er gute Argumente. Gestern bezeichnete auch Randa die geplante Übernahme als „überzeugende Lösung“.
Interessant für die HVB ist vor allem das Osteuropageschäft der Österreicher, die eigene Tochterbanken in Rumänien, Russland, der Slowakai, Slowenien, Tschechien, der Ukraine und Ungarn besitzen und erst im Frühjahr die Mehrheit an der polnischen PBK übernommen haben. Die Münchner sind bislang in Polen und Ungarn vertreten. Laut Schmidt übernehmen sie mit der BA auch die Marktführerschaft in Mittel- und Osteuropa.
Nach dem HVB-Konzept der „Bank der Regionen“, also der Kundennähe, sollen die osteuropäischen und österreichischen Geschäfte in der BA gebündelt werden. Für diesen Bereich wird, wenn alles klappt und die Hauptversammlungen sowie die Kartellbehörden dem Deal zustimmen, der bisherige BA-Vorstandsvorsitzende Randa dann im HVB-Vorstand zuständig sein.
Die Übernahme soll in mehreren Schritten passieren: Nachdem die BA ihren Geschäftsbetrieb in eine 100-prozentige Tochter ausgegliedert hat, übernimmt die HVB diese gegen 114 Millionen Aktien aus einer Kapitalerhöhung. Für die BA-Aktionäre bedeutet das: Sie bekommen für jede ihrer Aktien (Schlusskurs am Freitag rund 54,9 Euro) je eine der HVB (68,20 Euro). Hochgerechnet auf den Durchschnitt der letzten 30 Tage wäre das ein Aufschlag von 32 Prozent. Und für manche der Internetdiskutanten ein gutes Argument, die Übernahme doch für die „einzige Möglichkeit“ zu halten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen