review: Die Ledigenakte
Diesen Sommer stellen taz-KorrespondentInnen in loser Folge ihre berückendsten Fernseherfahrungen aus aller Welt vor. Heute: Irland
Eigentlich sollte es der Beginn einer Sommerserie im irischen Fernsehen RTE sein, doch nach der ersten Folge war Schluss. „Single File“, eine Sendung über Unverheiratete auf der Pirsch, begann mit einer Live-Übertragung aus dem Nachtclub „Night Owls“ in Dublin. Dort finden jeden Dienstag Single Nights für Leute über 30 statt.
Wie groß war die Überraschung bei vielen Zuschauern, als sie ihre Ehepartner im Club entdeckten. Besonders gut besucht soll der Ledigenabend am ersten Dienstag des Monats sein. Das ist der Tag, an dem das Kindergeld bar ausbezahlt wird. Die „Single Night“, die ledige Menschen zusammenführen sollte, erreichte jedenfalls genau das Gegenteil: Sie brachte Paare auseinander. So war es am Ende doch noch eine „Single Night“, wenn auch für viele unfreiwillig. Der Titel der Sendung ist doppeldeutig: „Single File“ kann eine Ledigenakte sein, aber auch eine einspurige Straße oder eine Art Gänsemarsch. Darum ging es im zweiten Teil: Für rund 1.200 Mark im Jahr muss ein Partnervermittlungsdienst jeden Monat eine Heiratswillige aufmarschieren lassen. Am schwersten seien Männer zwischen 50 und 52 zu vermitteln, stöhnte die Geschäftsführerin: „Diese alten Säcke um die 50 suchen Frauen im gebärfähigen Alter.“
Der andere vorgestellte Vermittlungsdienst war in Knock im Nordwesten Irlands angesiedelt. Dort ist die Jungfrau Maria einmal einer Gruppe Kindern erschienen, das Wunder wurde vom Vatikan anerkannt, und seitdem gibt es in dem Dorf einen internationalen Flughafen und eine riesige Kirche für die Pilger. Das Partnervermittlungsbüro wird vom Pfarrer geleitet, und mit göttlicher Hilfe finden vielleicht auch diejenigen, die im Fernsehen auf der Single Party entlarvt wurden und nun partnerlos sind, ein neues Glück. Schade nur um die schöne Sendung. RALF SOTSCHEK
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