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Mifegyne im Alleingang

Der Gynäkologen-Boykott zeigt erste Wirkung: Als „Interimslösung“ will das Land die Kostenpauschalen für medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche erhöhen

Die Ankündigung der Gynäkologen, bei einkommensschwachen Frauen keine medikamentösen Schwangerschaftsabbrüche mehr vorzunehmen (die taz berichtete), hat die Gesundheitsverwaltung alarmiert. Sie will nun die Kostenpauschale für Ärzte notfalls im Alleingang erhöhen. „Wir prüfen derzeit, ob eine Übergangslösung für Berlin möglich ist“, hieß es gestern aus der Gesundheitsverwaltung.

Bisher erhalten Ärzte für den Abbruch mit Mifegyne nur 279 Mark. Allein 160 Mark sind für die Pille bestimmt. Für einen Abbruch unter Vollnarkose gibt es dagegen 650 Mark.

Auf Antrag Berlins und Bremens hatten sich die Gesundheitsminister der Länder bereits Ende Juni an den zuständigen Bewertungsausschuss aus Krankenkassen und Ärztevertretern gewandt. Dieser wollte die Frage auf der nächsten Sitzung behandeln – im August. Schleswig-Holstein nahm das Problem daraufhin selbst in die Hand und zahlt neben der Pille eine Pauschale von 341 Mark. Einen solchen Alleingang hatte Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) noch im Juni abgelehnt. Durch den Boykott gerät sie nun unter Zugzwang. „Es muss jetzt schnell gehandelt werden“, so ihre Sprecherin. Generell hält Berlin weiter an einem bundeseinheitlichen Vorgehen fest.

Wie die „Interimslösung“ finanziert wird, ist unklar. Schwangerschaftsabbrüche kosten das Land jährlich rund 6,5 Millionen Mark. Möglich, dass sich das Problem bald von selbst löst. Wegen des schleppenden Geschäfts will der deutsche Vertreiber von Mifegyne, Femagen, die Lizenz zurückgeben. NM

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