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SFB-Tatort im eigenen Haus

Bei der Werbetochter des SFB wurde eingebrochen. Computer und Schecks sind verschwunden. Bereits zuvor ermittelte das Landeskriminalamt gegen einen Mitarbeiter der Firma wegen Untreue

von RICHARD ROTHER

Kein Film kann so spannend sein wie die Wirklichkeit. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wurde in die Büroräume der SFB-Werbetochter (SFBW) eingebrochen, wie gestern bekannt wurde. Dabei sind Computer, Verrechnungsschecks und Bargeld entwendet worden.

Die SFBW residiert im zweiten Stock des „Hotel am Studio“. Obwohl die Rezeption Tag und Nacht besetzt ist, wurde der Einbruch erst bemerkt, als Putzkäfte gegen Morgen ins Büro wollten. Der oder die Täter haben sich in dem Gebäude offenbar ausgekannt und sind gezielt vorgegangen. Die Täter seien über eine Feuerfluchttreppe in den zweiten Stock gelangt, sagte gestern SFBW-Geschäftsführer Rolf Schäfer. Am Tag zuvor sei offenbar die nur von innen zu öffnende Fluchttür im Erdgeschoss manipuliert worden, um von außen einzudringen. Im zweiten Stock sei dann ein Schlüsselkasten aufgebrochen worden, mit dem sich die Diebe Zugang zu den Büros verschafft hätten. „Es sind vier oder fünf Computer, Verrechnungsschecks und etwas Bargeld entwendet worden.“

Den Einbrechern sei es um die Geräte und nicht um die Inhalte gegangen, betonte Schäfer. Bei den Geräten handele es sich um die neueste PC-Generation. Relevante Daten hätten sich nicht auf den Festplatten befunden; es seien technische Daten zu betriebsbezogenen Buchungsvorgängen gespeichert gewesen. Damit könne niemand etwas anfangen.

Das Landeskriminalamt ermittelt gegen mindestens einen Mitarbeiter der Werbetochter wegen des Verdachts der Untreue, der SFB hat ein internes Revisionsverfahren eingeleitet. Nach einem Spiegel-Bericht der vergangenen Woche steht die Werbetochter im Verdacht, Aufträge im Wert von mehreren hunderttausend Mark an Firmen ehemaliger SFB-Mitarbeiter vergeben zu haben, für die entsprechende Leistungen nicht erbracht wurden. Das betriebsinterne Revisionsverfahren sei weitestgehend abgeschlossen, so SFBW-Chef Schäfer. Der Abschlussbericht liege jedoch noch nicht vor.

Nach Informationen des Spiegel hat die SFBW 1998 die Berliner TV-Firma Happy End mit der Produktion von Bahnfahrtaufnahmen, wie sie im ARD-Nachtprogramm zu sehen sind, beauftragt. Dabei seien 210.000 Mark aus dem Haushalt des öffentlich-rechtlichen Senders an die private Firma geflossen, ohne dass jemals ein verwertbarer Film abgeliefert worden sei.

Dennoch habe Happy End 1999 erneut einen Großauftrag für 240.000 Mark erhalten – für die Produktion von so genannten „Führerstandsfahrten“ unter dem Stichwort „die schönsten Bahnstrecken Europas“. Den Beitrag habe dann ein freier Mitarbeiter produziert, der dafür von Happy End ein Honorar von 130.000 Mark erhalten habe. Die einzig erkennbare Leistung der Firma soll laut einem internen Papier die „Beauftragung des Mitarbeiters“ gewesen sein.

Einen Zusammenhang zwischen Einbruch und laufenden Ermittlungen, schloss SFBW-Geschäftführer Schäfer aus. Dies sei „eine rein zufällige zeitliche Koinzidenz“. Die Polizei konnte dazu gestern dazu keine Angaben machen.

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