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Entschädigung gebremst

Auszahlung an NS-Zwangsarbeiter noch in diesem Jahr könnte scheitern: Abweisung von Sammelklagen in den USA verschiebt sich voraussichtlich bis Ende November

BERLIN ap/dpa/rtr ■ Die in den USA noch anstehenden Sammelklagen gegen deutsche Unternehmen zögern die rasche Auszahlung der Entschädigungen an NS-Zwangsarbeiter weiter hinaus. Der Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Gibowski, sagte am Freitag in Berlin, das Ziel, noch in diesem Jahr Geld zu den Opfern zu bringen, sei gefährdet. Ihm zufolge war damit gerechnet worden, dass die Klagen Mitte Oktober vom Tisch sein könnten. Nun sehe es aber so aus, als ob es noch vier Wochen länger dauern werde. Insgesamt sind noch 55 Fälle bei drei amerikanischen Gerichte konzentriert. Dabei wurden Klagen von Zwangsarbeitern sowie Klagen gegen Banken und Versicherungen gebündelt.

Der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, UN-Botschafter Dieter Kastrup, berichtete nach der konstituierenden Sitzung des Gremiums, bei der beabsichtigten Abweisung der Klagen in den USA seien zwar wesentliche Fortschritte zu verzeichnen. Jedoch sei „das Ende des Weges in dieser wichtigen Frage noch nicht erreicht“. Ohne Rechtssicherheit gebe es keine Freistellung des Geldes durch den Bundestag, erinnerte Kastrup. Nach der von US-Jurist Burt Neuborne geschilderten Sachlage liege der Schlüssel für Leistungen an die Opfer derzeit in den USA. Die noch fehlenden 1,8 Milliarden Mark der Wirtschaft behinderten die Leistungen nicht. Die Bundesregierung werde ihre fünf Milliarden Mark noch in diesem Jahr der Stiftung überweisen.

Kuratoriumsmitglied Lothar Evers vom Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte zeigte sich zuversichtlich. Er sagte, wenn alle beteiligten Stellen zügig arbeiteten, dann könnten die ersten NS-Zwangsarbeiter „um die Weihnachtszeit“ Geld auf ihren Konten haben. Es bringe nichts, Druck auf die US-Regierung oder die unabhängigen Gerichte auszuüben.

Nun gelte es, Anspruchsberechtigen weltweit zu informieren. Dies wollten vor allem die Opferorgansiationen übernehmen. Das Kuratorium hat unterdessen einen Arbeitskreis zur Gestaltung von Formularen eingesetzt. Man wolle alles für die Antragsteller „so einfach wie möglich“ machen. Wer Geld erhalte, müsse „unwiderruflich“ darauf verzichten, weitere Ansprüche an die Bundesregierung und deutsche Firmen zu stellen.

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