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Friedman will Kochs Rücktritt

Druck auf Hessens Ministerpräsidenten wächst. Staatsanwaltschaft rechnet mit Bekanntwerden weiterer Details der CDU-Affäre. FDP steht weiter in Treue fest zu Koch

FRANKFURT taz ■ Die Rücktrittsforderungen gegen Hessens Ministerpräsident Roland Koch reißen nicht ab. Gestern forderte auch der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Michel Friedman, Koch zur Amtsniederlegung auf. CDU-Mitglied Friedman hatte den hessischen Landesverband vor kurzem aus Protest verlassen und war zur saarländischen Union gewechselt.

Er glaube nicht, dass Koch „dem Druck noch lange standhalten“ könne, sagte Friedman. Es störe ihn maßlos, dass sich die hessische CDU im Schwarzgeld-Skandal ständig zum Opfer stilisiere: „Irgendwo muss es doch auch Täter geben.“

Während sich der hessische Koalitionspartner FDP bedeckt hält, verlangte gestern auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mitglied des Bundespräsidiums der FDP, Kochs Rücktritt. Den fordern bereits seit Tagen SPD, Grüne und die hessischen Jungliberalen. Koch hatte am Montag erklärt, er bleibe im Amt, und die neuen Vorwürfe als „mediale Seifenopern“ bezeichnet. Außenminister Joschka Fischer ließ aus Reykjavík verlauten, er glaube nicht, dass die hessischen Liberalen die Koalition mit Koch aufkündigen: „Erst wenn Roland Koch in Handschellen aus der Staatskanzlei abgeführt wird, trennt sich die FDP von ihm.“

Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft betonte erneut, dass es bisher weder neue Erkenntnisse noch Verdachtsmomente gegen Koch gebe. Sie rechne aber mit dem Bekanntwerden weiterer Einzelheiten.

Der hessische Rundfunk erhob gestern Vorwürfe gegen die beiden ehrenamtlichen Kassenprüfer der CDU. Sie hätten ihrer Partei noch im Februar 2000, also nachdem Koch „brutalstmögliche Aufklärung“ gelobt hatte, einen positiven Prüfungsvermerk erteilt, obwohl ihnen die Manipulationen an einem Kassenbuch für 1999 aufgefallen seien. Die hessische SPD vermutete gestern Nachmittag, die „Fälscherwerkstatt“ Parteizentrale habe verschleiern wollen, dass Schwarzgeld für den Wahlkampf eingesetzt worden sei.

Die CDU kündigte gestern an, beim Presserat gegen einen Magazinbeitrag der Frankfurter Rundschau Beschwerbe einzureichen. Die CDU nannte eine Bastelanleitung „für einen neuen Ministerpräsidenten“, die das Blatt am Samstag abgedruckt hatte, „ekelhaft und abstoßend“.

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