■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Goes goes. Goes Goes?
Meine Bremerhavener Freundin ist in diesen Tagen richtig von ihrer Stadt begeistert. So viele Segelschiffe und unglaublich viele Menschen auf der „Sail 2000“! Und jetzt wartet der Oberbürgermeister auf einen Abschiedsbrief von Hennig Goes, der als Geschäftsführer der „Bremer Gesellschaft für Innovation und Stadtentwicklung“ (BIS) diese Sail organisiert hat. Den spricht man übrigens nicht so aus, wie er sich schreibt, also nicht „Gös“. Sein „e“ hinter dem „o“ ist ein rheinisches Dehnungs-ooh, weshalb man ihn fast so wie das engliche „goes“ ausspricht, was „er geht“ bedeutet.
Und darum geht es. In Bremerhaven warten einige wichtige Leute darauf, dass Hennig Goes geht. Weil man aufhören soll, wenn die Leute am Schönsten über einen reden. Schon kursiert nämlich ein böser Scherz, der geht so: Die Sail 2000 gab es trotz Goes. Könnte was Wahres dran sein, denn so eine richtige Sail war die Sail in Bremerhaven ja nicht. Die richtigen Sails sind Whiskey-gesponserte Schiffsregatten, „Cutty Sark Tall Ship Race“ oder so ähnlich heißen die. In Bremerhaven gab es weder Whiskey noch eine Regatta, nix mit „Race“. Deswegen war die „Sail 2000“ auch wie Freimarkt mit Schiffen. Die Segler sind ein bisschen die Weser rausgefahren und dann wieder hereingeschleppt worden. War trotzdem ja schön. Dass die großen Segelschiffe nur gekommen sind, weil sie dafür ordentlich Geld bekommen haben, hat nicht gestört.
Schuld daran, dass es eben keine echte Sail war, soll Hennig Goes sein, der der oberste Tourismusförderer in Bremerhaven seit 25 Jahren ist. Sein Verschleiß an MitarbeiterInnen ist phänomenal, gelegentlich neigt er zu Gefühlsausbrüchen, die an der Explosionsgrenze liegen. Das verärgerte auch die Whiskey-Leute und andere für die wirtschaftliche Entwicklung Bremerhavens wichtige Menschen.
Zum Beispiel Armin Winninger, den Chef der früheren Fischereihaven-Entwicklungsgesellschaft. Der lehnte es ab, neben Goes Geschäftsführer der neuen Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft (BIS) zu werden. Nicht Goes musste verzichten, sondern Winninger. Einen Goes verdrängt man nicht so einfach, der hat einen guten Arbeitsvertrag aus jenen Zeiten, in denen der Hemdsärmelpolitiker Werner Lenz regierte und Goes von der Nordsee-Zeitung loskaufte.
Der neue Oberbürgermeister Jörg Schulz hat deshalb ein Problem. Und weil er selbst gesehen hat, wie schwierig und teuer das mit der Sail war ohne die Whiskey-Leute, guckt er jetzt jeden Tag erwartungsvoll seine Post durch und murmelt gebetsmühlenartig vor sich hin: Goes goes Goes goes ...
Ich aber habe meiner Freundin in Bremerhaven gesagt: Es wäre ein Wunder, wenn ein Mann wüsste, wann er gehen muss. Stimmts?
Ihre Rosi Roland
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