: Die Benzin-Lüge
In einem Zeitraum von vierzig Jahren, zwischen 1960 und 2000, stieg der Preis für Benzin nur um 230 Prozent. Dagegen legte der Brotpreis um 500 Prozent zu. Und für ein Ticket im öffentlichen Nahverkehr muss man sogar das Zehnfache zahlen
BERLIN taz ■ Der emotional angeheizte Streit um die Benzinpreise vernebelt zuweilen die Fakten. Vergleiche belegen: In Relation zu unseren Einkommen ist das Autofahren und insbesondere das Benzin in den letzten Jahren immer billiger geworden. So musste 1960 ein Arbeiter noch 13 Minuten für einen Liter Sprit arbeiten, der damals 62 Pfennig kostete. Heute verdient er sich denselben Liter – wieder bezogen auf den Bruttolohn – schon in 4,28 Minuten.
Auch der Vergleich mit anderen Gütern zeigt, wie moderat die Preisentwicklung beim Benzin ist. Zwischen 1960 und 2000 ist der Sprit – nicht inflationsbereinigt – um 230 Prozent teurer geworden. Der Brotpreis hat in dieser Zeit aber um 500 Prozent zugelegt. Und wer mit dem Bus fährt, muss heute sogar zehnmal so viel zahlen wie 1960. Der Verdienst eines „vollzeitbeschäftigten Industriearbeiters“ stieg im selben Zeitraum um 725 Prozent. Teures Benzin? Wohl kaum.
Auch im europäischen Vergleich ist deutsches Benzin relativ billig. Großbritannien, Dänemark, die Niederlande, Schweden, Frankreich und Italien haben deutlich höhere Preise. In Sachen Diesel schneidet die Bundesrepublik noch besser ab, sie liegt nur an zehnter Stelle. Die Debatte über den Benzinpreis wird von diesen Fakten nicht berührt. Gestern begannen im Saarland und in Bayern die ersten Proteste der Lkw- und Taxifahrer, heute wollen Spediteure, Bauern und Grundeigentümer über weitere Aktionen beraten. MANFRED KRIENER
nachrichten SEITE 2brennpunkt SEITE 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen