: Vandalen an die Luft gesetzt
Neonazigruppe „Vandalen“ muss sich neue Bleibe suchen. Mietvertrag für Klubhaus in Weißensee wurde gekündigt. Und: Staatsschutz will verstärkt Finanzen von Rechten ins Visier nehmen
von PLUTONIA PLARRE
Nach dem Verbot des rechtsextremen Netzwerkes Blood & Honour durch das Bundesinnenministerium geraten die Finanzen der Rechtsextremisten verstärkt ins Fadenkreuz der Polizei. „Wir versuchen nicht nur, gegen die Führungspersönlichkeiten vorzugehen, sondern wollen den Rechtsextremisten die finanzielle Basis entziehen“, sagte der Leiter des polizeilichen Staatsschutzes, Peter-Michael Haeberer, gestern gegenüber der taz. Im Vordergrund des Interesses der Fahnder stehen die illegalen Vertriebsnetze für Schrift- und Musikerzeugnisse. Der Sprecher der Innenverwaltung, Stefan Paris, bekräftigte diese Linie. Die Polizei werde verstärkt gegen Rechtsextremisten vorgehen, sagte er gestern. Auf die Frage, ob mit weiteren Razzien zu rechnen sei, meinte er: „Darüber redet man nicht, das macht man.“
Am vergangenen Wochenende hatte die Polizei, wie berichtet, eine Großrazzia im Klubhaus der Neonazigruppe „Vandalen“ in der Liebermannstraße 97 in Weißensee durchgeführt. Der Grund: Verdacht auf Straftaten. In dem Klubhaus hatten sich in der Nacht von Samstag zu Sonntag rund 240 Neonazis versammelt, um die 18. Jahresfeier der am 18. September 1982 in Ostberlin gegründeten Neonaziband Vandalen zu begehen. Eingefunden hatten sich auch der Berliner Neonazi-Kader Oliver Schweigert, der Exsöldner Eckart Bräuniger sowie Neonazis aus Schweden und Kanada.
Ursprünglich sollten auf dem Platz vor dem Haus, das sich auf einem ehemaligen Fabrikgelände befindet, rechtsextreme Bands auftreten. Durch die Polizeiaktion bekam die Party allerdings einen empfindlichen Dämpfer. Bei der vierstündigen Durchsuchung wurden 13 Personen wegen des Verdachts des Verwendens von verfassungsfeindlichen Symbolen vorläufig festgenommen. Darunter auch ein Kurzgeschorener, der das nunmehr verbotene Zeichen von Blood &Honour im Nacken tätowiert hatte. „Der Mann hat jetzt ein Problem“, konstatiert Haeberer trocken. „Der muss jetzt ein Halstuch tragen.“
Zu Ende war die Feier nach der Polizeiaktion jedoch nicht. Als die Beamten das Anwesen verließen, feierten 130 Personen noch weiter. Wenn es auch bestimmt nicht die letzte Party der Vandalen war, so war es doch ganz sicher die letzte in der Liebermannstraße. Denn der Eigentümer des Grundstücks, der französische Ölkonzern Elf-Oil, hat den seit 1996 bestehenden Mietvertrag zum 30. September gekündigt. Nach Angaben des Firmensprechers Thomas Schalberger hatte der Konzern erst im im Sommer 1999 nach einer Razzia erfahren, an wen er vermietet hat. „Da sich nie jemand auffällig verhalten hat, konnten wir nur fristgerecht kündigen.“
Die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin von Weißensee, Christine Keil (PDS), verwies darauf, dass das Bezirksamt bereits im Herbst 1999 bei Elf-Oil für die Kündigung interveniert habe. Froh ist sie trotzdem nicht über die jetzt erfolgte Kündigung. „Immerhin kannte die Polizei den Neonazi-Treffpunkt. Den neuen muss sie erst finden.“
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