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Hilfe, wir werden gerettet! Teil 4: Senegal

Seit 1984 befindet sich Senegal in der Strukturanpassung. Das Ergebnis sind laut IWF „fragile Wirtschaft und weit verbreitete Armut“

BERLIN taz ■ Eigentlich müsste Senegal ein IWF-Musterland sein. Das westafrikanische Land befindet sich seit 1984 in Strukturanpassung, länger als die meisten Entwicklungsländer. Die immer neuen Strukturanpassungsprogramme haben im Bewusstsein des Landes inzwischen den Status von Fünfjahresplänen im Sozialismus.

Leider gilt dieser Vergleich auch für den Erfolg dieser Politik. Als der neue Chef des Internationalen Währungsfonds, Horst Köhler, im Juli seinen Antrittsbesuch in der senegalesischen Hauptstadt Dakar machte, erklärte der IWF sich selbstkritisch „besorgt, dass die guten makroökonomischen Leistungen sich noch nicht in einer merkbaren Verbesserung der sozialen Indikatoren und einer Verringerung der Armut niedergeschlagen haben“. Dabei hat das Land in 16 Jahren Strukturanpassung ja erst umgerechnet 1,38 Milliarden Mark vom IWF erhalten. Allerdings hat es in derselben Zeit 1,42 Milliarden zurückgezahlt und hat trotzdem mehr Schulden als vorher.

Kein Wunder, dass Senegal jetzt ärmer dasteht als zu Beginn der IWF-Intervention, die an der verkrusteten Vetternwirtschaft der von 1960 bis 2000 herrschenden senegalesischen Sozialisten nichts Grundlegendes änderte. „Die Wirtschaft ist noch immer fragil, und Armut bleibt weit verbreitet“, heißt das im jüngsten IWF-Länderbericht zu Senegal vom vergangenen Monat. Wie das zu ändern ist, weiß der IWF auch schon: durch Einführung einer Mehrwertsteuer, Zurückhaltung bei den Gehältern im öffentlichen Dienst, das Ende des Zollschutzes für „ineffiziente heimatliche Produktion“ und „verdoppelte Anstrengungen bei Privatisierungen“.

Wie das die Armut verringern soll – 58 Prozent der Senegalesen sind laut Regierung mangelernährt –, bleibt das Geheimnis der Geldgeber. Für den neu gewählten Staatspräsidenten Abdoulaye Wade, der mit seinem Wahlsieg im vergangenen März der Herrschaft der senegalesischen Sozialisten ein Ende setzte, sind die Ratschläge der Geldgeber nicht leicht umzusetzen, war er doch im Wahlkampf angetreten, Arbeitsplätze zu schaffen und die hohe Jugendarbeitslosigkeit und das Wuchern verarmter und explosiver Slums am Rande der Hauptstadt Dakar zu beenden. Wade nennt sich selbst einen Liberalen und kritisierte an den 16 Jahren Strukturanpassung vor allem die fehlerhafte und korrupte Umsetzung.

Da die internationalen Geldgeber nun in Afrika ihre soziale Ader in den Vordergrund stellen, haben sie jetzt Senegals Regierung angewiesen, bis Ende 2001 ein umfassendes Armutsbekämpfungsprogramm zu erarbeiten. Wenn es hier „akzeptable Gesamtfortschritte“ gebe, dann könne Senegal auch in den Genuss eines umfassenden Schuldenerlasses kommen.

DOMINIC JOHNSON

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