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Statt Rundfunkmuseum nur eine perfekte Blamage

Am Dienstag kam das angeblich vorläufige Aus für die Mediathek in Berlin. Dabei war die Idee einer zentralen Programmgalerie so bestechend

Der Dienstag war für zwei Museumsprojekte am Potsdamer Platz in Berlins neuer Mitte ein entscheidender Tag – und die Konsequenzen könnten kaum unterschiedlicher sein. Während am Abend die Deutsche Kinemathek ihr Filmmuseum feierlich eröffnete, erklärte am Nachmittag der Berliner Senat das Scheitern des ebendort geplanten Rundfunkmuseums, der Deutschen Mediathek: „Wir verzichten gegenwärtig auf die Mediathek“, sagte der Chef der Senatskanzlei, Volker Kähne (CDU), auf der Pressekonferenz lapidar.

Die 2.600 Quadratmeter, die das Land im Sony-Center dafür bereits angemietet hat, werden der Kinemathek zugeschlagen, die sich im Gegenzug auch ein bisschen mit dem Rundfunk beschäftigen soll. Dies wird der Senat aller Voraussicht nach in zwei Wochen beschließen. Denn, so Kähne, es sei nicht gelungen, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Mitträger zu gewinnen. Kähne betonte zwar, dass dies nicht das „Aus“, sondern nur eine „Unterbrechung“ für das Rundfunkmuseum bedeute, doch das darf getrost bezweifelt werden. Seit Jahren wird um Finanzierung, Konzept und Trägerschaft der Mediathek gestritten – ohne Erfolg. Die Idee für eine Deutsche Mediathek stammt bereits aus den 80er-Jahren. Damals konnte der Dokumentarfilmer Eberhard Fechner in den öffentlich-rechtlichen Archiven eines seiner älteren Werke nicht mehr finden – es war gelöscht worden. Andere hatten schon lange geklagt, dass Fernsehspiele, Dokumentarfilme und Nachrichtensendungen nach einmaliger Ausstrahlung in den Archiven der Sender verschwinden.

Um das „Kulturgut Rundfunk“ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sollte eine Programmgalerie wie das New Yorker „Museum of Television & Radio“ entstehen, wo seit mehr als 20 Jahren Radio- und Fernsehbeiträge gesammelt werden. Doch dann begann das Gezerre: um den Standort Berlin oder NRW, um Konzept und Finanzierung. Als der französische Konzern Vivendi im Deal mit dem Berliner Senat sich im vergangenen Jahr verpflichtete, 9,6 Millionen Mark für die Mediathek beizusteuern (und dafür die Berliner Wasserbetriebe kaufen durfte), schien das Projekt endlich in trockenen Tüchern zu sein: Die ARD sagte Unterstützung von jährlich 900.000 Mark, das ZDF 600.000 Mark zu, auch die privaten Sender und die Landesmedienanstalten wollten sich beteiligen. Eröffnet werden sollte die Mediathek 2001. Doch dann wurde die Trägerschaft zum neuen Hindernis. Das Land Berlin wollte das Risiko nicht allein übernehmen, die ARD nicht Gesellschafter werden. „Das Konzept mit einem zentralen Standort ist in Zeiten des Internets nicht zeitgemäß und zudem sehr teuer“, begründet die Sprecherin des Hessischen Rundfunks, dessen Indendant Klaus Berg ARD-Sprecher in Sachen Mediathek ist, die Ablehnung.

Die bündnisgrüne Medienexpertin Alice Ströver meint, dass der Berliner Senat nicht ordentlich verhandelt und sich einem modernen Konzept verschlossen habe: „Damit ist die Mediatheksidee beerdigt und die Blamage perfekt.“ SABINE AM ORDE

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