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Herr Heise macht nur Marschmusik

Der Verleger rechter Musik verklagt die taz: Er habe mit der gewalttätigen „Blood & Honour“ nichts zu tun. Die taz behauptet das Gegenteil

GÖTTINGEN taz ■ Im Rechtsstreit des Neonazis Thorsten Heise gegen die taz standen die Zeichen gestern Vormittag schlecht für den Kläger Heise. Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen kam aus Zeitmangel zwar noch nicht zu einer Entscheidung, ließ aber schon einmal durchblicken, dass sie dem derzeit im Gefängnis Wolfenbüttel einsitzenden Heise möglicherweise die Prozesskostenhilfe entziehen werde.

Heise hatte die taz auf Unterlassung und Schmerzensgeld verklagt, weil diese in ihrer Ausgabe vom 15. September dieses Jahres einen Bericht veröffentlicht hatte, nach dem er enge Kontake zur rechtsradikalen und gewalttätigen Musikszene „Blood & Honour“ haben soll, die in Deutschland zur gleichen Zeit vom Bundesinnenministerium verboten worden war. Heise habe, hieß es dort, in der Infrastruktur der internationalen Sammlungsbewegung der extremen Rechten sowohl CDs verlegt als auch jene Konzerte mitorganisiert, bei denen rassistische und zur Vernichtung von Menschen aufrufende „Oi-Musik“ gespielt wird. Sie berichtete außerdem, dass das niedersächsische Landeskriminalamt (LKA) vor Gewalttaten Rechtsextremer aus dem Raum Göttingen, zum Beispiel Briefbombenanschlägen, gewarnt habe. Sie könnten als Vergeltungsakte auf einen Brandanschlag auf das Wohnhaus von Heise erfolgen. Die taz hatte Heise außerdem auch zu Beginn ihrer Aktion Z gegen Rechtsextremismus zusammen mit 21 anderen Neonazis auf der Titelseite abgebildet. Heise ließ diese Behauptungen durch seinen Anwalt Klaus Kunze bestreiten und versicherte eidesstattlich, er habe nie etwas mit „Blood & Honour“ zu tun gehabt, die vor allem in ihrer englischen Sektion „Combat 18“ Gewalt propagiert, plant und ausführt. Er habe immer nur Marschmusik verlegt. „Blood & Honour“ verstehe sich als neue „Jugendkultur“, die sich von den „alteingesessenen“ Neonazistrukturen absetze, denen Heise zuzurechnen sei.

Im Gegenzug legte gestern der Rechtsbeistand der taz, der Berliner Rechtsanwalt Johannes Eisenberg, ein umfangreiches Aktenpaket vor, aus dem hervorgehe, dass dies Schutzbehauptungen seien, wenn nicht gar „Lüge“. Es enthielt sowohl Zitate von Heise selber als auch Belobigungen und Danksagungen in den „Blood & Honour“-Fanzines vor allem aus England und Skandinavien an Heise. HEIDE PLATEN

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