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Absolventenmesse als Kaderschmiede

In Saarbrücken findet die einzige internationale Kontaktbörse für Studierende und Unternehmen statt. Studis müssen drei Fremdsprachen und einen Auslandsaufenthalt vorweisen. Unis hoffen, dass diesmal auch Abiturienten kommen

BERLIN taz ■ Fast hätte Thilo Kinzelbach die Chance seines Lebens verpasst. Eher zufällig stieß er im vergangenen Jahr auf die Internet-Homepage des „Deutsch-Französischen Forums“. Da war die Anmeldefrist für die internationale Hochschulmesse längst abgelaufen. Kurz entschlossen machte er sich dennoch auf den Weg. „Mit ein paar Lebensläufen in der Tasche.“ Einen davon gab er bei der Dasa ab – mit Erfolg. Heute arbeitet der 28-Jährige als Flugzeugmanager in Toulouse.

Das Deutsch-Französische Forum versteht sich als Firmenkontaktbörse und Bildungsmesse in einem. Rund 150 Unternehmen, Hochschulen und Institutionen aus dem deutsch-französischen Bereich bauen am Freitag in Saarbrücken ihre Stände auf, um Studierenden das Thema Job und Berufseinstieg schmackhaft zu machen.

Die Börse sieht der Sprecher der Messe, Martin Michels, als „Trendsetter“. Eine Kontaktmesse, die sich ausdrücklich als binationales Projekt begreift, gibt es bisher nicht. Nur die älteste Firmenbörse, der „Deutsche Absolventen-Kongress“ in Köln, versammelt auch internationale Unternehmen wie Cable & Wireless oder die französische BNP Parisbas. Aber das ist eher Nebenprodukt als Programm.

Beim Nachbarn Frankreich sind Absolventenmessen viel verbreiteter als hier zu Lande. Die Messen werden von den einzelnen Grandes Ecoles ausgerichtet und stehen in der Regel nur den eigenen Studenten offen. Auch in Deutschland richten sich die derzeit zwanzig Messen an eine eng gefasste Zielgruppe – wie etwa die Juristenbörsen „Praxis“ und „Forum Teleos“ oder die „Bonding Studentenintiative e. V.“ für Ingenieure und Naturwissenschaftler. So elitär soll der Saarbrücker Kongress nicht werden – er steht allen Fachrichtungen offen.

Für die Unternehmen ist nicht so sehr der deutsch-französische Hintergrund der Kandidaten interessant, sondern vielmehr die Kombination aus Fachwissen und Auslandserfahrungen. „Unsere Bewerber können sich auch in internationalen Gefilden zurecht finden“, meint Organisator Michels. Das müssen sie allerdings auf einem neun Seiten langen Internetfragebogen belegen. Nur wer sechs Monate Auslandsaufenthalt nachweisen kann und Kenntnisse in drei Fremdsprachen mitbringt, hat Chancen auf eines der begehrten Vorstellungsgespräche.

Per Datenbank können sich die Unternehmen aus den anonymisierten Lebensläufen dann den passenden Bewerber aussuchen. Manche Bewerber sind so begehrt, dass sie gar nicht alle Termine wahrnehmen können. Andere sind weniger gefragt. „Geisteswissenschaftler sind herzlich willkommen“, umschreibt Michels deren Chancen diplomatisch.

Auch Quelle sucht vor allem Wirtschaftswissenschaftler. „Entscheidend ist für uns aber der internationale Hintergrund“, sagt Annabelle Baumgartner, die beim Quelle-Konzern für Personalmarketing zuständig ist. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen zwei Französinnen als Mitarbeiterinnen auf dem Forum gewonnen.

Zwar sind neben den Firmen 67 Einrichtungen aus dem deutsch-französischen Bereich vertreten. Aber Institutionen wie die „Deutsch-Französische Gesellschaft für Wissenschaft und Technologie“ oder die „Zentralstelle für Arbeitsvermittlung“ wollen selbst Bewerber vermitteln. Einstellungsbedarf haben sie nur selten.

Rund 1.000 Schüler und Studenten haben sich via Internet angemeldet. Die meisten setzen darauf, dass sie in Saarbrücken Kontakte zu ihren Traumarbeitgebern knüpfen. Mehrere Hochschulen dagegen beschwerten sich nach der ersten Veranstaltung im vergangenen Jahr, weil sie sich an ihren Ständen die Beine in den Bauch gestanden hatten: Zu wenige Abiturienten fanden den Weg nach Metz, wo das Forum damals noch stattfand.

NICOLE MASCHLER

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