: Wegen guter Führung: Merkel entlässt General
CDU-Chefin Merkel trennt sich „einvernehmlich“ von Generalsekretär Ruprecht Polenz. Gründe nennt sie nicht: „Es waren gute sechs Monate“. Nachfolger wird NRW-Landtagsvizepräsident Laurenz Meyer
BERLIN taz ■ Die Zusammenarbeit war wunderbar, schlechte Erfahrungen gibt es nicht, und der Mann hat eine hervorragende Arbeit geleistet. Lauter Gründe, sich von einem Generalsekretär zu trennen? Gestern gab CDU-Vorsitzende Angela Merkel auf einer Pressekonferenz bekannt, sie und Ruprecht Polenz hätten in einer „einvernehmlichen Entscheidung“ beschlossen, dass Polenz nach nur sechs Monaten im Amt als Generalsekretär zurücktrete. Nachfolger wird der bisherige Landtagsvizepräsident und ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Laurenz Meyer. Polenz wurde intern mangelnder Durchsetzungswille vorgehalten. Er ließ nach einer Präsidiumssitzung erkennen, dass er sich selbst nicht in der Lage sah, mit Blick auf die Bundestagswahl 2002 das politische Profil der CDU entscheidend zu schärfen. Von Merkel war offenbar die Initiative zu dem Schritt des Generalsekretärs ausgegangen.
Merkels Entscheidung für Meyer wurde von den übrigen Präsidiumsmitgliedern positiv aufgenommen. Jürgen Rüttgers, CDU-Oppositionschef in Nordrhein-Westfalen, meinte, die CDU habe keine Krise, sondern eine Überraschung. Er spielte darauf an, dass die meisten Präsidiumsmitglieder erst in der gestrigen Sitzung von Merkels Entscheidung erfahren hätten.
Erwartungsgemäß führte die Personalentscheidung der CDU zu guter Laune und bissigen Kommentaren bei den anderen Parteien. Der SPD-Vorsitzende, Bundeskanzler Gerhard Schröder, sagte am Rande seines Slowakei-Besuchs in Bratislava ironisch, er werde seinen Generalsekretär Müntefering beauftragen, die Aufgaben von Polenz mit zu übernehmen. Laut Franz Müntefering zeige die Entscheidung, dass die CDU derzeit nicht in der Lage sei, politische Verantwortung zu übernehmen. „Die Union ist nicht regierungsfähig“, sagte er. Die Grünen bewerteten den Rücktritt als „Kapitulation“. Der Machtkampf in der CDU-Spitze sei damit noch nicht beendet, sagte Renate Künast. FDP- Generalsekretär Guido Westerwelle betonte, er bedauere den Rücktritt: „Die CDU habe ein Bauernopfer gesucht.“ Die PDS erklärte, „der Rücktritt von Polenz manifestiert die Führungskrise in der CDU“. JENS KÖNIG
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