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Problem in den Köpfen

■ 400 Experten diskutieren bei Fachtagung zu Rechtsextremismus in Lübeck

Die Abzeichen auf der Jacke sind nur der äußere Ausdruck für die innere Einstellung. Verbietet man Parteiembleme, verbietet man die rechtsextremistische NPD, ist damit „das Problem in den Köpfen nicht gelöst“, stellt der Vorsitzende des DGB Nord, Peter Deutschland, fest. Im Kampf gegen Rechtsextremismus müsse deshalb die Prävention in den Blickpunkt geraten. Gestern veranstaltete der DGB zusammen mit kommunalen Gremien zur „Kriminalitätsverhütung“ aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg Vorpommern in Lübeck die Fachtagung „Verantwortung übernehmen im Norden – Projekte und Strategien gegen Rechtsextremismus und Gewalt“. Neben rund 400 Fachleuten aus Polizei, Schulen, Gewerkschaften und Jugendprojekten nahmen auch die Innenminister der vier nördlichsten Bundesländer teil. „Ziel ist nicht, große länderübergreifende Projekte zu planen, sondern von erfolgreichen lokalen Initiativen zu lernen“, sagte der niedersächsische Innenressortchef Heiner Bartling (SPD).

Im Mittelpunkt der Tagung standen deshalb zehn Projekte aus den einzelnen Ländern, mit denen dort der rechten Gewalt entgegengetreten werden soll: In Stralsund werden Skinheads zusammen mit Punks und russischen Aussiedlern drei Tage einen Segeltörn unternehmen. In Celle bietet „Kontra“ ein Anti-Aggressivitäts-Training für Jugendliche. In Rendsburg suchen StraßensozialarbeiterInnen „auffällige Jugendliche“ auf. Der Kieler „Landesrat für Kriminali-tätsverhütung“ hat eine Broschüre herausgegeben, die Eltern über rechte Jugendkultur informiert und Verhaltenstipps für den Fall gibt, dass das eigene Kind in rechtsextreme Cliquen gerät. Zudem wurde die Frage erörtert, ob man Rechte „kritisch integrieren“ und etwa fes-te Räume für sogenannte Kameradschaften dulden solle.

DGB-Chef Peter Deutschland mahnte Aufklärungsarbeit in Betrieben, Schulen und Medien an. Für Unternehmen nannte er als Möglichkeit betriebliche Vereinbarungen, die sich gegen Rassismus wenden. Die könnten auch Sanktionen beinhalten, schlug er vor und warnte zugleich vor diesem Schritt: „Sanktionen bergen die Gefahr, dass sie bestehende Einstellungen noch verstärken und zu einer Opferhaltung führen.“ Elke Spanner

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