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Schule? Keiner will zahlen

■ Sozialbehörde verweigert trotz Gerichtsbeschluss einem epileptischen Kind die Finanzierung der Förderschule / Bildungs- und Sozialbehörde streiten im zweiten Jahr

Rechtsanwalt Michael Westerholt ist richtig sauer: „Das ist eine Schweinerei.“ Im vergangenen Jahr hat er per Gericht für eine alleinerziehende Mutter, die zwei förderbedürftige adoptierte Kinder zu betreuen hat, den Anspruch durchsetzen müssen, dass die Sozialbehörde neben der Sozialhilfe auch für die erforderlichen Schul-kosten aufkommt. Das Kind Yvonne B. soll, so hat es auch die Bildungsbehörde akzeptiert, in der Tobias-Schule eine besondere Förderung erfahren, da die Regelschule trotz des Integrations-Anspruches keine kleinen Gruppen für besonders förderbedürftige Kinder bilden kann – mangels Lehrerstunden. Nachdem sie den Prozess vor dem Verwaltungsgericht im Eilverfahren verloren hatte und auch vor dem Oberverwaltungsgericht scheiterte, stimmte die Sozialbehörde zu, Schulgeld und Fahrgeld für das gesamte Schuljahr zu übernehmen. (vgl. taz 28.4.2000)

Nun ist das Mädchen in die zweite Klasse gekommen – und die Sozialbehörde zahlt nicht mehr. Da die Mutter ihr Kind weiter zur Tobias-Schule schickt, muss sie Schulgeld und Taxi-Fahrgeld von ihrer Sozialhilfe abzweigen, jeden Monat mehrere hundert Mark. Und das nun schon im zweiten Monat. „Ich habe keinen Bock auf den ganzen Mist“, sagt die Mutter. „Ich muss jetzt Miete bezahlen und habe zwei Kinder.“ Das betroffene Kind leidet seit der Geburt unter einer Alkohol-Embryopathie und einer Epilepsie, dass das Mädchen besondere Förderung braucht, ist unumstritten. Wenn die Mutter es nicht adoptiert hätte, wäre auch klar, dass die Sozialbehörde zahlen muss. Das Mädchen hatte das Glück, adoptiert zu werden – da die Mutter von Sozialhilfe lebt, müsste das Sozialamt allerdings genauso zahlen.

Wenn es da nicht einen Behörden-Streit gäbe. Nach Auskunft des Sprechers der Bildungsbehörde, Rainer Gausepohl, liegen Sozial- und Bildungsbehörde nicht nur in diesem Fall im Streit um die Kosten für die Beschulung. Insgesamt 1,2 Millionen Mark im Jahr will die Sozialbehörde in diesem Bereich streichen. Und die Schulbehörde will diese Summe nicht aus ihrem Etat übernehmen. „Da wird zur Zeit noch gerangelt“, erklärte Gausepohl im vergangenen Schuljahr gegenübertaz.

Dieser alte Behördenstreit wird derzeit weiter auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen. Als das neue Schuljahr begann, haben Sozial- und Schulbehörde sich weggeduckt und so getan, als gäbe es da kein Problem. Erst als die Mutter beim Amt für Soziale Dienste nachhakte, kam dort die Akte wieder auf den Tisch. Obwohl das neue Schuljahr nun bereits zwei Monate alt ist, will das Sozialamt aber Schulgeld und Fahrtkosten für den September und den Oktober nicht bezahlen. Begründung: Eine Stellungnahme der Bildungsbehörde sei angefordert worden, als die Mutter sich gemeldet habe, und die stehe noch aus. Mit dieser Auskunft will sich der Anwalt aber nicht abspeisen lassen. Denn diese Stellungnahme kann nach Lage der Dinge heute nicht anders ausfallen als im vergangenen Schuljahr: Eine Beschulung in einer normalen Grundschule sei nicht möglich, hatte die Bildungsbehörde vor einem halben Jahr mitgeteilt.

Da sich an den Umständen nichts geändert habe, müsse die Mutter, die von der Sozialhilfe lebt, davon ausgehen, dass die Regelung, die für das erste Schuljahr getroffen worden sei, auch im zweiten Schuljahr fortgilt, sagt der Anwalt. Und so hat Westerholt, wie im vergangenen Jahr, wieder das Verwaltungs-Gericht angerufen mit dem Antrag, per einstweiliger Anordnung die Behörde zur Zahlung der Schul-Kosten zu verpflichten.

K.W.

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