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DIE NEUORDNUNG DES BUND-LÄNDER-FINANZAUSGLEICHS STEHT ANVorbild Wirtschaft

Mit dem Treffen der ostdeutschen Regierungschefs beginnt heute eine der wichtigsten politischen Runden für Schröder: die Neuordnung der föderalen Finanzpolitik der Bundesrepublik, des Bund-Länder-Finanzausgleichs. Ökosteuer, Rente, Abbau von Arbeitslosigkeit oder Staatsverschuldung – zwar bleiben die anderen großen Politthemen vom Ergebnis der jetzigen Verhandlung unberührt. Ihr Erfolg, ihr Bestand nach 2002 hängt aber entscheidend von der künftigen förderalen Finanzstruktur der Bundesrepublik ab.

In Zeiten klammer Kassen geht es um Pfründen, um Egoismen, um Überlebenschancen einzelner Bundesländer. Zudem werden Entscheidungen über einen Zeithorizont gefällt, der deutlich jenseits einer Legislatur liegt. Entscheidungen, die unpopulär sein werden: Trotz „Neuer Mitte“ stehen plötzlich wieder so tradierte Werte wie „Teilen“ oder „Solidarität“ im Vordergrund. Allein der Osten hofft auf 40 Milliarden Mark pro Jahr.

Die Positionen scheinen klar: Die Geberländer Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wollen nicht mehr so viel zahlen. Die Nehmerländer wollen am Status quo nicht rütteln lassen.

Der Bund ist an der Konsolidierung seiner Finanzen interessiert. Und dann ist da noch der Osten, der ohne Solidarpakt nicht lebensfähig wäre. Vier Interessen, die konträrer nicht sein könnten.

Schon ist zu beobachten, dass die langfristige Zukunftsaufgabe kurzfristigen Egoismen geopfert wird: Seine Landtagswahlen fest im Blick, hat der Sozialdemokrat Kurt Beck, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, erklärt, dass Schluss sein muss mit dem Geldgepumpe in den Osten. Schließlich gebe es auch im Westen einen Nachholbedarf beim Verkehr. Was Beck vergisst zu erwähnen: Er kann immerhin 65 Prozent seiner Ausgaben aus eigenem Steueraufkommen decken. Das beste ostdeutsche Land, Sachsen, schafft nur 50 Prozent.

Den Nehmerländern muss klar sein: Die klagenden Geberländer brauchen ein Ergebnis, das sie gesichtswahrend als Erfolg verkaufen können.

Gleichzeitig sollten die Geberländer wissen, dass ihre starke wirtschaftliche Position unteilbar mit der Lebensfähigkeit der anderen, nehmenden Länder verbunden ist. Und schließlich braucht es einen neuen Kraftakt, um dem Osten wirtschaftlich zu helfen.

Die Bundesregierung sollte von der Wirtschaft lernen: Wer dort Kosten sparen will, geht die Personalkosten an. Wer jetzt in den Osten investiert, sorgt dafür, dass morgen der Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit entlastet wird. NICK REIMER

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