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Ribbeck ist nicht tot

Ausgerechnet im ersten Spiel der vorläufigen Permanenz geht der Nimbus der Unbesiegbarkeit dahin: Keine Chance hat das Modell Völler beim 1:2 des DFB in Dänemark gegen das Prinzip Töfting

Häufig wirkte die Abwehrkette so, als würde Matthäus noch mitspielen

aus Kopenhagen MATTI LIESKE

Der Auftakt zum Länderspiel gegen Dänemark verlief viel versprechend. Eine Stichprobe im Hanfladen in der Larsbjörnstraede wenige Stunden vor dem Anpfiff ergab: Weit und breit kein Rudi Völler. Und auch die Nachfrage, ob denn in letzter Zeit ein auffällig graulockiger Mann, der in etwa wie die Jungbrunnenausgabe von Willie Nelson ausgesehen habe, aufgetaucht sei, wurde negativ beschieden. Der deutsche Fußball konnte also einmal mehr tief durchatmen – ohne zu inhalieren, versteht sich – doch dann begann unglücklicherweise das Spiel.

Die Dänen legten sofort derart energisch los, als hätten sie eine direkte Pipeline zum Blutkreislauf von Christoph Daum, während das deutsche Team eher den Bewegungsdrang eines Gerhard Mayer-Vorfelder nach einem Viertele zu viel imitierte. „Phlegmatisch“ nannte Kapitän Oliver Bierhoff den Auftritt später, und ehe sich Torwart Oliver Kahn versah, war schon Dennis Rommedahl vom PSV Eindhoven an Thomas Linke vorbeigehuscht – eine Übung, die sich mit schöner Regelmäßigkeit wiederholen sollte – und jagte den Ball knapp am Tor vorbei.

Später zielte Rommedahl zweimal genauer, dennoch war das deutsche Team am Ende mit dem 1:2 vor 17.000 Zuschauern im Parken-Stadion von Kopenhagen gerade noch einem Debakel entgangen. Der Nimbus der Unverwundbarkeit, der den vorläufig permanenten Teamchef Rudi Völler zuletzt umgab, ist aber zerbrochen. Anstatt, wie vom Task-Force-Vorsteher Karl-Heinz Rummenigge angekündigt, dort weiterzumachen, wo man beim 1:0 gegen England in Wembley aufgehört hatte, bewies die Mannschaft, dass sie auch mit Völler so uninspiriert auftreten kann wie mit Ribbeck. Verlorene Zweikämpfe im Dutzend, null Kreativität und Durchsetzungsvermögen im Mittelfeld, komplettes Fehlen von Flügelspiel. „Die waren doch kein einziges Mal an der Grundlinie“, wunderte sich Stig Töfting, Dänemarks Allzwecktrumm vom HSV.

Auf der anderen Seite wirkte die Abwehrkette häufig so, als würde Lothar Matthäus noch mitspielen. Überspielt, überlaufen, übertölpelt, und hätten die Dänen, was die Chancenverwertung betraf, nicht an ihre EM-Leistung angeknüpft, wo sie kein einziges Tor schossen, sie hätten schon zur Halbzeit deutlich führen können. Drei Stürmer hatten sie mit Sand, Rommedahl und Tomasson aufgeboten, dazu gesellte sich oft noch der starke Martin Jörgensen von Udinese, und das Mittelfeld, vor allem mit dem allgegenwärtigen Töfting, rückte hurtig nach. „So offensiv hatten wir sie nicht erwartet“, sagte Carsten Ramelow, der eigentlich vor einer Dreierkette spielen sollte, aber immer wieder in diese Reihe zurück musste, um das Unheil zu begrenzen.

Ramelow war einer der wenigen im deutschen Team, die eine gute Partie spielten, ein anderer war, zumindest in der ersten Halbzeit, Oliver Bierhoff. Der Stürmer zeigte, warum er beim AC Mailand in letzter Zeit hin und wieder getroffen hat, setzte sich gelegentlich bei Kopfballduellen gegen seinen Milan-Kollegen Helveg durch und nutzte die von Dänemarks Coach Morten Olsen monierten „individuellen Fehler“ in der dänischen Abwehr geschickt aus. Wenn Bierhoff anschließend von „Torchancen“ sprach, die sich die Mannschaft erarbeitet habe, meinte er vorwiegend seine eigenen Bemühungen.

„Wir haben eine gute Pressung gespielt“, lobte Morten Olsen sein Team, dass erst am Ende nach Scholls Freistoßtreffer und vielen Auswechslungen nachließ. Da standen dann sogar ein paar Akteure aus der dänischen Liga in dem Team, dessen Mitglieder ansonsten in ganz Europa verstreut ihrem Fußwerk nachgehen. Besonders viel Spaß an der Razzia im Parken hatte Stig Töfting, der sich in seinem 25. Länderspiel jeweils dort herumtrieb, wo es ihm gerade gefiel, und mehr Kilometer zurücklegte als das gesamte deutsche Mittelfeld zusammen. Mal räumte er hinten auf und ließ mit eleganter Drehung Oliver Bierhoff ins Leere laufen, mal stampfte er wuchtigen Schrittes durchs Mittelfeld, mal tänzelte er im Stile eines quadratischen Stanley Matthews am Flügel umher, und wenn ihn der Übermut vollends packte, tauchte er sogar vor Oliver Kahn im Sturmzentrum auf. Was seine Mitspieler allerdings so überraschte, dass sie glatt vergaßen, ihm den Ball zu geben. Der dänische Vier- bis Sechsschröter verkörperte an diesem Abend alles, was die beiden Mannschaften unterschied. Gegen das Prinzip Töfting war selbst das Modell Völler ohne Chance.

Dänemark: Sörensen - Helveg, Laursen, Henriksen, Heintze (64. N. Jensen) - Rommedahl (88. Nielsen), Gravesen, Töfting - Tomasson (46. C. Jensen), Sand (46. Nygaard), Jörgensen (78. Michaelsen) Deutschland: Kahn - Hertzsch, Nowotny, Linke (68. Wosz) - Heinrich (46. Bode), Hamann, Ramelow, Ziege (88. Baumann) - Scholl - Bierhoff (73. Jancker), Zickler (83. Neuville) Tore: 1:0 Rommedahl (56.) 2:0 Rommedahl (65.), 2:1 Scholl (82.)

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