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Fronten in Bewegung

Ein Vertrag mit Arafat ist nah, sagt ein israelischer Politiker. Wir müssen angreifen, sagt die Armee

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Die Zeitung Ma’ariw wusste von einer Sensation: Es gebe eine „stille Einigung“ hinsichtlich internationaler Schutztruppen, berichtete sie gestern unter Hinweis auf Informationen aus Regierungskreisen. „2.000 unbewaffnete Beobachter“ sollen demnach für eine Periode von zunächst sechs Monaten eingesetzt werden, in denen sie dem UNO-Sicherheitsrat regelmäßig Bericht über die Unruhezonen erstatten sollen. Dabei verfügten die Blaumützen über keinerlei Kompetenz, etwa bei Gewalt einzuschreiten. Mit einer solchen Einigung hätte Palästinenserpräsident Jassir Arafat einen politischen Sieg errungen. So solle ihm der Weg zurück an den Verhandlungstisch geebnet werden.

Ein Sprecher von Ehud Barak allerdings dementierte den Bericht sofort. Immerhin hatte Außenminister Schlomo Ben-Ami am Vortag bei einem Besuch in Frankreich den Einsatz von Schutztruppen in Aussicht gestellt, allerdings erst „nach Unterzeichnung eines Friedensvertrages“. Nach Gesprächen zwischen Arafat und dem amerikanischen Nahost-Gesandten Dennis Ross erklärte der Palästinenserpräsident, dass er „auf eine Friedenslösung bis zum Ende der Regierungszeit von Clinton“ hoffe. Die Zeitung Yediot Achronot zitierte den israelischen Justizminister Jossi Beilin, der überzeugt sei, dass „der Vertrag mit den Palästinensern nah ist“.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen kann der Optimismus Beilins und Arafats nur überraschen. In Jericho waren in der Nacht zwei palästinensische Polizisten erschossen worden. Nach einer Woche mit relativ vielen israelischen Todesopfern wächst der Druck auf Barak, schärfere Maßnahmen zu ergreifen. Vor allem jüdische Siedler, die zunehmend ins Schussfeld der paramilitärischen Tansim geraten, fordern freie Hand für die Armee. Der Druck kommt indes auch aus den Reihen der Armee selbst, wo bereits der Vorschlag laut wurde, palästinensisches Land für neue Straßen zu konfiszieren, um so zu zeigen, dass die fortgesetzte Gewalt den Landbesitzern Schaden zufügt. Die Militärs meinen, dass Israel jetzt auch Angriffe gegen Einrichtungen der bewaffneten palästinensischen Organisationen und der Autonomiebehörde richten müsse. Israel hält zurzeit Zahlungen von Steuergeldern in Millionenhöhe zurück, die der Autonomiebehörde zustehen. Zudem wurde die Lieferung sämtlicher nicht lebensnotwendigen Güter eingestellt.

Die „Politik der Zurückhaltung“, wie Barak das bisherige militärische Vorgehen nennt, ist zum einen in der Sorge vor einer internationalen Einmischung begründet, zum anderen in dem Wunsch, die Option erneuter Verhandlungen offen zu halten. Dazu kann den Israelis trotz allem nicht daran gelegen sein, Arafat militärisch und wirtschaftlich zur Aufgabe zu zwingen. An seiner Stelle würden palästinensische Milizen das Kommando übernehmen, wie es sich zum Teil schon andeutet. In Nablus tauchen bereits bewaffnete Gruppen auf, die weder mit den Behörden noch mit der Fatah in Verbindung stehen. Arafat ist der Einzige, der die Situation wieder unter Kontrolle bringen könnte, und der Einzige, mit dem Verhandlungen denkbar sind.

Jüngste Umfragen zeigen, dass zwei Drittel der Palästinenser für eine Fortsetzung der so genannten Al-Aksa-Intifada eintreten. Die von der Birzeit-Universität vorgenommene Untersuchung ergab zudem, dass 80 Prozent der Palästinenser Angriffe auf israelische Ziele befürworten. Auch auf israelischer Seite sinkt die Bereitschaft zum Frieden. Nur noch 56 Prozent der israelischen Bevölkerung würden bei einem Referendum für einen Vertrag mit den Palästinensern stimmen.

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