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naumanns abgangVorhang für den Staatsminister

Michael Naumanns Rücktritt als Kulturstaatsminister freut in Berlin vielleicht mehr Menschen, als er es verdient. Jene, die Kultur in der Stadt immer als Monopol der eigenen provinziellen Interessen angesehen haben, atmen jetzt auf. Jenes Kartell aus Landes- und Bezirkspolitikern, das sich in den Logen der Bühnen und den Foyers der Museen seit Jahren gegenseitig die Hand wäscht, bekommt wieder Oberwasser. Und selbst Kultursenator Christoph Stölzl wird nicht traurig sein über Naumanns Abgang. Der Mann hat ihm, was bekanntlich nicht ganz leicht ist, einfach die Show gestohlen.

Kommentarvon ROLF LAUTENSCHLÄGER

Sieht man einmal von ein paar herrischen Personalentscheidungen ab, etwa bei der Besetzung des Berlinale-Postens, hat Naumann die Kulturpolitik in der Stadt dynamisiert. Der rostige Tanker Stiftung Preußischer Kulturbesitz läuft mit Klaus-Dieter Lehmann und Peter-Klaus Schuster wieder auf Kurs. Der Masterplan für die Museumsinsel ist entschieden. Der Hauptstadtkulturvertrag, die Finanzierung der Leuchttürme und das Holocaust-Mahnmal sind im Sack.

Und Naumann war spendabel. Der halbe Etat des Kulturstaatsministers fließt in die kulturellen Institutionen des Landes, und ein paar Millionen obendrauf, wenn es um Stars wie Daniel Barenboim geht. Zugleich hat Naumann die Stadt bei der Verteilung der Mittel in die Pflicht genommen. Der Kulturetat als Steinbruch für die leere Haushaltskasse war mit ihm nicht zu machen.

Wenn der Nachfolger Nida-Rümelin glaubt, er könne sich in ein gemachtes Bett legen, irrt er. Es gilt, die alten Geister in der Flasche zu halten und neue für die Kunst zu wecken. Dazu muss man aufstehen.

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