: Jugend-Demo: Rote Karte für roten Willi
■ Tausende Jugendliche demonstrierten gestern in der City gegen Sparmaßnahmen im Jugend- und Bildungsbereich
Um 13 Uhr sah alles noch ein wenig dünn aus am Bremer Hauptbahnhof: Einige Hundert Demonstrierende, hauptsächlich SchülerInnen, hatten sich mit ein paar Plakaten und Trillerpfeifen versammelt, um gegen die anstehenden Kürzungen im Jugendbereich zu demonstrieren. Ein bisschen ratloses Umherstehen. „Das können doch nicht alle sein?“, wunderte man sich.
Die Antwort kam wenig später, als sich der Zug erneut in Bewegung setzte, um kurzerhand den Breitenweg unter der Hochstraße zu blockieren. Dort traf man dann endlich auf die Demonstranten des Fahrradzuges aus Walle, dem größtenteils Schüler des Oberstufenzentrums am Rübekamp angehörten. Damit ging's richtig los.
Ausgerüstet mit Trillerpfeifen, Megaphonen, Sirenen, Sambatrommeln und einer Menge mehr Plakaten zog die Masse unter der Hochstraße weiter zur Bildungsbehörde am Rembertiring. Zur allgemeinen Enttäuschung ließ sich Bildungssenator Willi Lemke (SPD) nicht vor den Demonstrierenden blicken. Die sorgten für Ausgleich – mit Musik aus zwei Kleinbussen.
Entsprechend laut ging es dann auch zu vor Lemkes Behörde. Sprechchöre wie: „Bildung für alle, sonst gibt's Krawalle!“ kamen über die Megaphone. Zur Abschluss-kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz stellte das „Bremer Bündnis gegen Zersparpolitik“ dann noch einmal seine Forderungen: Keine Kürzungen im Jugend- und Sozialbereich, mehr Geld für die Bildung, eine staatliche Ausbildungsregelung und keine Erhebung von Studiengebüren.
Am Ende waren die VeranstalterInnen begeistert über die vielfältige Teilnahme, die ihre Erwartungen weit übertroffen hatte. Sie schätzten die Zahl der TeilnehmerInnen auf mindestens 4000; die Angabe der Polizei mit etwa 2000 Demonstrierenden sei weit untertrieben, so Tobias Helfst, Mitorganisator der Demo.
Die Bildung des „Bremer Bündnis gegen Zersparpolitik“ habe sich damit bewährt, da durch die weite Streuung Jugendliche in vielen Bereichen erreicht werden konnten. In den letzten Monaten sei die Protestbereitschaft unter Jugendlichen gestiegen, so Bündnismitglied Ianka Pigors. „Wir wollen uns nicht mehr mit leeren Argumenten abspeisen lassen. Jugendliche werden leicht unterschätzt, was Inhalte betrifft.“
Die Jugendlichen fühlten sich betrogen, weil sie mit ihren Erwartungen zu oft ins Leere laufen würden. Es sei kein Zufall, dass die Forderungen sich zum großen Teil mit den aktuellen Resolutionen des Jugendparlaments deckten. „Die beschlossenen Sparmaßnahmen müssen zurückgenommen werden“, so die zentrale Forderung. „Unser Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Wir werden dafür sorgen, dass wir nicht vergessen werden.“
Kirstin Gerhold/HaDo
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