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Abi nach zwölf Jahren – ein Streitfall

■ In Bremen-Nord interessierten sich nur wenige SchülerInnen für das von der SPD angepriesene Modell der Schulzeit-Verkürzung

Am vergangenen Donnerstag hatte das Schulzentrum Alwin Lonke-Straße in Burg-Grambke zum Informationsabend über den Schulversuch „Abitur nach zwölf Jahren“ eingeladen. Die Alwin Lonke Straße ist ein Schulzentrum, wie die SPD es liebt, und sehr gut ausgestattet. Auch das „Modell zwölf Jahre“ ist das, was die SPD bevorzugt gegenüber den von der CDU durchgesetzten Modellen an den durchgängigen Gymnasien: Die Verkürzung soll im Wesentlichen in der Oberstufe stattfinden, das ist die Idee. Natürlich geht das nicht für alle, sondern nur für die ausgesprochen guten SchülerInnen. Eine Gruppe von 15 bis 18 SchülerInnen soll an dem ersten Durchgang teilnehmen. „Wir wissen ja, wie viele Einser-Abiturienten wir haben im Einzugsbereich der Schule“, sagt der zuständige Schulleiter Dietmar Rettkowski.

Der Einzugsbereich ist von Walle bis Bremen-Nord. Kaum ein Dutzend SchülerInnen hatte sich am vergangenen Donnerstag für dieses Angebot interessiert, einige waren mit Elternteilen gekommen. Das Modell Alwin Lonke-Straße setzt auf einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt und Englisch als Pflicht-Leistungsfach. Die Wahlfreiheit ist nicht ganz so groß wie für die normalen Sek-II-Schüler. Im Durchschnitt gibt es täglich zwei Stunden mehr Unterricht. Das ist also etwas für SchülerInnen, die „Lust am Lernen haben“, erklärte die stellvertretende Schulleiterin Gisela Wille. Und die wissen, was sie wollen. Denn Abstriche am Stoff soll es nicht geben. Für eine Theater-AG oder Hobbies bleibt da eben weniger Zeit: In der Mitte der zehnten Klasse sollen die SchülerInnen aus ihren Klassen heraus mitten in die elfte Klasse „springen“, so ist das Modell.

Wer im Zwischenzeugnis der zehnten Klasse in den drei Hauptfächern Deutsch, Mathe und Fremdsprache eine „2“ hat, der schafft das. Das ist der Grundgedanke. Ein wenig Hilfe bietet die Schule an. Aber besondere Kurse soll es nur in Informatik und Deutsch geben für die 15 „Schnellläufer“. Ansonsten sollen sie sich nach ihrem Sprung in die normalen Grund- und Leistungskurse der Sek II integrieren. Als nach anderthalb Stunden Information der Schulleiter fragt, wer von den interessierten SchülerInnen sich denn vorstellen könnte, bei dem „Zwölf-Jahre-Modell“ mitzumachen, da heben sich zaghaft drei Hände. Da seien noch einige, die sich schon gemeldet hätten, es müssten aber noch einige hinzukommen, murmelt der Rektor.

Die Informationsversammlung des Gymnasiums Vegesack war dagegen brechend voll, erzählt man sich in Bremen-Nord. Warum sind die SchülerInnen der zehnten Klasse nicht in ähnlichen Scharen gekommen zur Information über den Schulversuch? Schlecht ist die Stimmung im Stadtteil. Im stillen Kämmerlein hatte das Schulzentrum Alwin Lonke Straße „sein“ Modell ausgetüftelt und mit der SPD abgestimmt. Aus der Zeitung erfuhren die anderen Schulleiter im Grunde, dass da jemand „die Besten“ herauspicken will in der Mitte des Schuljahrs. „Man überfährt die Zuliefer-Schulen“, sagt Harro Florstedt, der Leiter des Schulzentrums Lerchenstraße, zurückhaltend. Wenn sich nach den ersten Monaten der zehnten Klasse zwei oder drei für „was Besseres“ verabschieden, „dann wirkt sich das auf den Rest der Klasse prima aus“.

Die Schule Lerchenstraße geht übrigens heute noch davon aus, dass ihre Springer-SchülerInnen nur „sporadisch“ für einige Tage in das neue Schulzentrum gehen sollen und an anderen Tagen wieder in ihrer alten Klasse zehn sitzen würden. „Wie das gehen soll, wissen wir nicht.“ Dass es ganz anders gehen soll, hat der Schule niemand gesagt. So verwundert es nicht, dass die LehrerInnen der zehnten Klassen mit ihren Schülern über das Angebot der AlwinLonke-Straße nicht gesprochen haben. Und wenn jemand sich vertrauensvoll an „seinen Lehrer“ wenden würde, dann würde er schon hören, wie wenig der davon hält.

Was hält ein Sek-I-Schulleiter von dem Modell Alwin Lonke-Straße? „Die Begründung des Modells halte ich für falsch“, sagt Florstedt. Die Oberstufe habe real zweieinhalb Jahre bis zur Abiturprüfung zur Verfügung, davon könne man nicht ein Jahr streichen. Und die Begründung, dass in der zweiten Hälfte der zehnten Klasse nichts passiere, kann ihn erst Recht auf die Palme bringen. So können eben nur Sek-II-Lehrer über ihre KollegInnen von der Sek-I reden ...

Die Sek-I hat dagegen sieben Jahre, die Orientierungsstufe mit eingeschlossen. Wenn Schulzeit gestrafft werden soll für leistungsstarke SchülerInnen, dann in der Sek-I, sagt Florstedt. Das Schulzentrum Lerchenstraße will daher in Bremen Nord ein eigenes Modell der Schulzeitverkürzung anbieten. In gewisser Konkurrenz zur Alwin Lonke-Straße.

K.W.

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