: Mate statt Malz im Zeitungskiosk
Ein Kreuzberger Zeitungsladen überrascht mit argentinischen Produkten wie bitterem Matetee oder süßen Desserts. Wie in Deutschland Matetee verkauft und zubereitet wird, das empfindet der Besitzer als tiefe persönliche Kränkung
Jahrelang musste der Argentinier Guillermo Frei (59) ohne seinen geliebten Matetee auskommen. Als der gebürtige Donauschwabe Mitte der 60er-Jahre von Buenos Aires nach Bayern kam, wurde ihm einiges zugemutet. Bei zehn Grad unter null wurde ihm statt des argentinischen Nationalgetränkes, das aus koffeinhaltigen, schwach gerösteten und grob zerkleinerten Blättern des Urwaldbaums Ilex paraguayensis besteht, ein Humpen Bier vorgesetzt. Als Frei später die Mateteebeutel probierte, die in deutschen Reformhäusern angeboten werden, wurde ihm übel. „Es hat mich gekränkt, wie Mate hier verkauft wird“, sagt der gelernte Werkzeugmacher, der seit 27 Jahren in Berlin-Kreuzberg einen Zeitungskiosk betreibt.
Deshalb begann er vor zehn Jahren, neben Zeitungen, Zigaretten und Lottoscheinen auch Mate zu verkaufen, der in Argentinien nicht nur zu Hause, sondern auch auf der Straße oder im Bus konsumiert wird. „Die Deutschen fragen immer, wozu Mate gut ist“, erzählt Frei, „das hasse ich.“ Seine Gegenfrage lautet stets: Wozu ist Kaffee gut? Im Unterschied zu Kaffee putscht Mate nicht auf, ist gut gegen Durst, Hunger und Müdigkeit und enthält außerdem diverse Vitamine, Kalzium, Eisen und Phosphor.
Frei legt großen Wert darauf, nur original verpackten Tee zu verkaufen, den er über Spanien und Frankreich und zum Teil direkt von einer kleinen Kooperative im Norden Argentiniens bezieht. Die Verkaufszahlen des kleinen Kiosks sprechen für sich: In den vergangenen zwölf Monaten hat Frei über eine Tonne Mate verkauft.
Neben dem Tee verkauft Guillermo Frei auch die dazugehörigen Trinkgefäße aus ausgehöhlten Flaschenkürbissen und Saugröhrchen mit Sieb, damit die Teeblätter nicht in den Mund gelangen. Frei ist überzeugt, dass sich auch deutsche Gaumen an den leicht bitteren Geschmack des Getränks gewöhnen, das schon die Indianer tranken. „Das ist nur Gewöhnungssache.“ Das Wichtigste beim Matezubereiten ist die richtige Temperatur des Wassers. Es darf nicht kochen, sondern muss kurz vorm Sieden vom Herd genommen werden. „Ich empfehle den Deutschen immer, erst einmal zu kosten“, so Frei. „Die ersten fünf Male werden sie spucken. Aber nach dem zehnten Mal werden sie sagen: Jetzt ist es Zeit für Mate.“
Neben Mate verkauft Frei „Dulce de Leche“, eine leckere „Milchkonfitüre“ aus Rohrzucker, Milch, Maisglukose und Vanille und „Dulce de Batata“, ein Dessert aus Süßkartoffeln, Fruchtsirup, Zucker und Speisestärke. BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA
Geschenktipp: Ein kleines Päckchen Matetee mit Trinkgefäß und Röhrchen gibt es ab 38,80 Mark. Der Ladeninhaber erteilt Tipps zu Zubereitung und Genuss des Gebräus.Lotto Laden, Graefestraße 1,10967 Berlinwww.Mate-Yerba.de
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