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Vom Staatsbetrieb zum Privatunternehmen

■ Nach endlosen Querelen scheint jetzt die Zukunft des Philharmonischen Staatsorchesters klarer zu sein. Zumindest sitzen alle Beteiligten an einem Tisch und planen die GmbH. Ein Zwischenbericht

Ist noch immer alles beim schlechten Alten oder hat sich etwas verändert? Wir sprechen von der kulturpolitischen Entwicklung des Philharmonischen Staatsorchesters, seit nunmehr zermürbend langen Jahren von der Kulturbehörde am Gängelband gehalten.

Alle neuen Ereignisse der letzten Zeit wirkten immer eher als ein Vorgang aus dem absurden Theater. Ganz gleich, ob Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann mit der Bemerkung glänzte, die Sopranistin Cecilia Bartoli brauche ja auch nur fünfzehn Musiker, Ex-Kultursenatorin Bringfriede Kahrs WagnerfreundInnen die Reise nach Hamburg empfahl oder der amtierende Kultursenator Bernt Schulte nicht wusste, wer in seinem Ressort für die Berufung oder eher Nichtberufung der Stellen zuständig war – immer wurde offensichtlich, dass dem Staatsorchester bestenfalls mit Ignoranz begegnet wurde.

So erfuhren im Sommer 2000 die Mitglieder des Orchesters erst aus der Zeitung, dass nun die Umwandlung in eine GmbH beschlossene Sache sei. Und das, nachdem sie sich gerade mal fit gemacht hatten in Sachen Eigenbetrieb. Die Eigenbetriebs-Idee ist aber nach den ernüchternden Erfahrungen der Kulturbehörde mit den Eigenbetrieben Stadtbibliothek und Musikschule bereits wieder Schnee von gestern, so dass auch die im Sommer geäußerte Drohung des Orchestervorstandes Florian Baumann gegenstandslos geworden ist, wonach bei einer Umwandlung in einen Eigenbetrieb jeder einzelne Musiker über seine Gewerkschaft Protest einlegen werde.

Schnee von gestern ist schließlich auch die Weigerung der Musiker, mit der ehrenamtlich besetzten Philharmonischen Gesellschaft weiter zu arbeiten. „Die haben sich jetzt zu uns bekannt. Das war lange nicht klar“, sagt Barbara Grobien vom Vorstand der Philharmonischen Gesellschaft. Dazu kommen Neuerungen, die die derzeitige Arbeit mindestens mal auf eine konstruktive Basis stellen: Mitglied im Vorstand ist seit Februar dieses Jahres Carmen Emigholz, kulturpolitische Sprecherin der SPD und Sprecherin der gesamten Kulturdeputation.

Emigholz hat die Sicherung des Orchesters zu ihrer „wichtigsten Baustelle“ gemacht und Vertreter des Orchesters in die Sitzungen der Philharmonischen Gesellschaft gebeten. Allerdings hat auch Emigholz auf der Grundlage des bremischen Sanierungskonzeptes die Umwandlung in die GmbH akzeptieren müssen und schaut nun auf dieser Basis nach vorne. Auch das Orchester habe sich kooperativ gezeigt, so dass die Bedingungen und Möglichkeiten jetzt neu erarbeitet werden können.

Die Umwandlung in eine GmbH bedeutet praktisch, dass die Summe X, die bisher für die Stellen ausgegeben wird, der GmbH zur Eigenverwaltung und Verantwortung übergeben wird. Das sind zur Zeit 78,5 Stellen, bis 2002 sind 82 zugesagt, was auch immer das bei den bisherigen Praktiken der Behörde heißen mag. Damit wird der ungute Zustand der „nachgeordneten Dienststelle“ aufgehoben, das Orchester wird autonomer, in künstlerischen und finanziellen Belangen.

Es muss allerdings auch autonomer werden, denn mit neuen Struktur- und Inhaltsideen muss auch Geld erwirtschaftet werden, dafür haften sowohl die Philharmonische Gesellschaft als auch jeder einzelne Musiker. Das heißt allerdings, dass es einen hauptamtlichen Geschäftsführer, einen hauptamtlichen Manager und Bürokräfte geben muss. Dann kann über den ehrenamtlichen Einsatz Sponsorenpflege und Lobbyarbeit geleistet werden.

Auch wenn der Vergleich hinkt, weil die Kammerphilharmonie ein Reiseorchester ist: Dort arbeiten immerhin zehn Bürokräfte, während das Staatsorchester ausschließlich durch ehrenamtliche Arbeit betreut wird. Die Kooperation mit KPS muss überdacht werden, denn die Konzertagentur betreut als Veranstalter der „Meisterkonzerte“ und der NDR-Sinfonie-Konzerte zusätzlich ihre eigene Konkurrenz, was nicht gutgehen kann.

Generalintendant Klaus Pierwoß möchte das Orchester mehr in die Organisation des Theaters einbinden. Carmen Emigholz ist dagegen: „Die müssen erst einmal im freien Raum denken und entwickeln können, was sie überhaupt wollen. Jede Struktur muss den Inhalten nachgeordnet sein.“ Warum ist es soweit gekommen? „Wir hätten schon viel früher Alarm schlagen müssen“, so Barbara Grobien, „wir haben uns auf tödliche Bedingungen eingelassen, die wir schon lange nicht mehr leisten können: zum Beispiel, dass wir in der staatlichen Glocke eine horrend hohe Miete zahlen müssen. Wir sind mit 24 Konzerten, acht Kammerkonzerten, zwei Familienkonzerten und einem Musikfestkonzert der größte Veranstalter in der Stadt und müssen uns sagen lassen: Ihr habt ja das Orchester umsonst“.

Nun also sitzen alle an einem Tisch, was noch schwierig genug werden wird. Aber sie sitzen immerhin mal: Struktur- und Profilbildung muss bis zum Sommer spätestens fertig sein, denn auch der neue Generalmusikdirektor wird die Verhältnisse kennen müssen, wenn er ab 2002 die Nachfolge von Günter Neuhold antritt. Ute Schalz-Laurenze

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