: TV-Service für Kinderglück-HasserInnen und Weihnachtsmuffel
Ii, Weihnachten
Neid, Overload, Geschmacksdifferenzen, pure Lust an der Gegenbewegung: Es gibt sie, die Weihnachtsmuffel und Kinderglück-HasserInnen. Und angesichts der vielen Leuchtende-Kinderaugen-Filme und Werbeclips werden sie Weihnachten zu TV-Terroristen.
Schlaue Füchse haben sich darum schon vorher einen Batzen brutalstmöglicher Action-Videos ausgeliehen, oder, je nach Gusto, ein paar Folgen „Thinking Big – Unbehaarte Hengste tanken Super“ bzw. „Im Frauenknast“. Wessen Recorder allerdings kaputt ist, der hat’s schwer.
Vor allem tagsüber. Allein Eurosport und DSF zeigen am heiligen Nachmittag ungerührt eine Sportsendung nach der anderen, es geht los mit „Extremsport“ um 9.30 Uhr (Eurosport), über die „Muhammed-Ali-Story“ (16.45 Uhr, DSF) bis hin zur Fußball-Championsleague (17 Uhr, Eurosport). Einzig Sportfans dürften das als Fest empfinden.
Aber abends hat der Weihnachtsmuffel es leichter: Zum Beispiel mit Stephen Kings „Shining“ in einer leider, leider drögen Neuverfilmung auf Sat.1. Der erste Teil um 22 Uhr ist statt anständig-gruseligem Horrors eine langatmige Anonyme-Alkoholiker-Werbung (wie in der spektakulären Jack Nicholson-Verfilmung ist auch hier Torrance Ex-Alki, nur glaubt man das dem auch nach wochenlangem Rasierklingenstreik babyglattgesichtigem Steven Weber einfach nicht). Der zweite Teil am 25. und der dritte am 26. Dezember warten zwar hin und wieder mit moderatem Grusel, etwa einer verschimmelten Frau in der Badewanne oder in Tierform beschnittenen Büschen, die sich selbstständig machen, auf. Aber obwohl King den Film selbst produziert hat, kommt er weder an die alte Verfilmung, noch an die schaurige Romanvorlage heran. Als Kontrastmittel für Weihnachtsmuffel könnte er gerade ausreichen, ansonsten gehört er eher in den Kasten nebenan.
Vox zeigt trotz der spirituellen Stimmung in der Frequenz-Nachbarschaft nicht nur eine Ausgabe von „Wa(h)re Liebe“ (1.25 Uhr) mit dem Thema „Wollust“ (eine der sieben Todsünden! An Heiligabend!), sondern später auch noch den französischen Erotikfilm (ruhig Softporno dazu sagen) „Swingers“ (22.40 Uhr). Und dort wird einiges ausgepackt.
Der erste Weihnachtstag wird noch schlimmer. Eigentlich kann man erst um 22.35 Uhr stimmungsfrei einschalten, wenn im Film „Tödliche Flut“ Terroristen eine Kläranlage besetzen und damit drohen, die Stadt zu fluten, alles im Arsch quasi. Danach kämpft Rutger Hauer passend zu seinem Namen bei RTL 2 (1.20 Uhr, „Death Line“) gegen ein russisches Verbrechersyndikat.
Noch ein Tag. Mit dem „Pudel Overnight Zürich“ (1.30 Uhr, 3sat), in dem der reizende, bestimmt mindestens vom Teufel besessene Rocko Schamoni plus Freund Kamerun vollgefüllt mit illegalen Drogen durch die kleine Schweizer Großstadt taumeln, schafft man den auch. JZ
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