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Konzession für 15 Jahre Sucht

Neues Casino statt neuem Konzept: Regenbogen verlangt Hilfe für Glücksspielsüchtige. Weitere Spielbank ist in Planung  ■ Von Elke Spanner

Der Zeitpunkt ist gut und könnte für die nächsten 15 Jahre der günstigste bleiben: Noch vor den Frühjahrsferien will der Senat darüber entscheiden, wer ab Ende kommenden Jahres 15 Jahre lang die Hamburger Spielbank betreiben wird. Eine Gelegenheit, so die Regenbogen-Bürgerschaftsgruppe, in den neuen Vertrag Bedingungen zum Schutz von Glücksspielsüchtigen mit aufzunehmen. Morgen werden die Regenbogen-Abgeordneten in der Bürgerschaft die Verpflichtung des Senates beantragen, ein Hilfskonzept für SpielerInnen vorzulegen.

Bisher gibt es keines. Obwohl Schätzungen zufolge rund 8000 Menschen in Hamburg spielsüchtig sind, gibt es für sie keine spezielle Beratungsstelle. Spielsucht taucht schon als Begriff in Behördenpapieren kaum auf. Im Haushaltsplan ist im Ressort „Drogen und Sucht“ kein Etat dafür vorgesehen. „Hamburg kennt das Problem offiziell nicht“, sagt Dirk Hauer, Mitarbeiter der Regenbogen-Gruppe. Die schlägt vor, die Spielbank selber an der Finanzierung zu beteiligen. Nach dem „Verursacherprinzip“ solle eine Teil von deren Gewinn für die Suchthilfe verwendet werden – wie es in Schleswig-Holstein längst geschieht.

Der Staat, erläutert Gisela Alberti von der „Aktiven Suchthilfe“, kassiert rund 90 Prozent der Einnahmen der Spielbank. Das waren 2000 in Hamburg 109 Millionen Mark. Damit ist sie der größte Steuerzahler der Stadt. Nur ein kleiner Bruchteil davon würde laut Alberti reichen, spezielle Therapie- und Beratungsstellen für SpielerInnen einzurichten. Hinzu kommt noch das Geld aus der sogenannten Troncabgabe. Auch von dem Topf, in den BesucherInnen der Casinos eine Art Trinkgeld einzahlen, kassiert die Stadt vier Prozent – was ihr 1999 Einnahmen von 535.000 Mark bescherte.

Doch nicht nur finanziell sollte die Spielbank nach Vorstellung der Regenbogengruppe bei der Suchthilfe herangezogen werden. Sie sollte auch selbst zum Schutz von SpielerInnen verpflichtet werden und beispielsweise das Personal auf das Erkennen sogenannter „pathologischer Spieler“ schulen.

Statt an deren Schutz scheint der Senat zurzeit allerdings eher am Ausbau der Spielbanken zu arbeiten. Mit den BewerberInnen um die neue Konzession sollen Verhandlungen darüber laufen, ob zusätzlich zu den Dependancen im Hotel Interconti, auf der Reeperbahn, in St. Georg, Harburg und Wandsbek ein weiteres Casino an der Hamburger Straße eröffent wird. Finanzbehördensprecherin Renate Mitterhuber sagt nur: „In der Ausschreibung für die neue Konzession war nicht festgelegt, wo die Spielbanken sein werden. Wo sie Casinos betreiben wollen, entscheiden die Interessenten bei ihrer Bewerbung.“

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