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Vorsicht vor Basilikum!

Resistenzen gegen Antibiotika entstehen, weil der Mensch sie falsch anwendet – zuallererst bei sich und dann bei den Tieren

BERLIN taz ■ Noch steckt der Rinderbraten quer im Hals, da ist das Schwein dran. Das geistert erneut voll gepumpt mit Antibiotika und verbotenen Medikamenten durch die Presse. Mit dem Einsatz der Mittel beim Tier würde auch die Gesundheit des Menschen bedroht – durch Antibiotikaresistenzen. Möglich ist das zwar, und deswegen fordern Wissenschaftler mehr Sorgfalt beim Einsatz von Tier-Arzneimitteln, bewiesen ist es jedoch nicht.

Tiere bekommen zahlreiche Mittel legal und illegal verabreicht, sei es zur Förderung der Mast, als Prophylaxe oder aber zur Behandlung. So ermittelte das Umweltbundesamt kürzlich in einer Studie, dass in der Weser-Ems-Region bis 310.000 Kilo Antibiotika eingesetzt wurden.

Den vermeintlich logischen Schluss, dass viele Antibiotika bei Tieren auch direkt eine Gefahr für den Menschen bedeutet, zieht Jürgen Kundke, Sprecher des Bundesamtes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV), nicht. „Es ist nirgendwo nachgewiesen, dass dadurch Resistenzen herausgebildet wurden, die für den Menschen relevant seien“, sagte er der taz. Auch bei dem Fall einer Frau in Dänemark, die an einer Salmonelleninfektion starb, weil sie nicht auf Antibiotika ansprach, sei nicht erwiesen, dass daran das Medikamentenfutter bei Tieren schuld war. „Antibiotikaresistenzen bilden sich vor allem, weil Menschen die Anwendungsregeln nicht einhalten“, erklärte Kundke, „oder in Krankenhäusern, die zu viel Antibiotika und zu oft dieselben einsetzen.“

Der Fall der in Dänemark Verstorbenen gilt allerdings als harter Verdacht für die Folgekette. Das Robert-Koch-Institut in Berlin warnte in den vergangenen Jahren wiederholt, dass der Einsatz von Medikamenten bei der Tiermast zu einer Bildung resistenter Bakterienstämme beitragen kann, und hielt es schon 1995 wegen der unkalkulierbaren Risiken für „ratsam, künftig auf derartige Mastbeschleuniger zu verzichten“. Als Vorsichtsmaßnahme sind manche Mittel immerhin aus dem (legalen) Verkehr gezogen worden, bei anderen gibt es Rückstandskontrollen.

Das BgVV führt diese Kontrollen regelmäßig durch. Bei der letzten Prüfung von 1999 wurde bei rund 50.000 Proben nach insgesamt 352 Stoffen gesucht – verbotenen wie erlaubten. Trotzdem in Einzelfällen Höchstmengen überschritten wurden, habe kein akutes Verbraucherrisiko bestanden, schreibt das BgVV. „Ungefährlich ist nichts“, unterstützt Kundke immerhin die Forderung nach möglichst wenig Medikamenten bei Tieren. Ansonsten hält der amtliche Verbraucherschützer wenig von Lebensmittelhysterie. Wer Spaghetti mit Tomatensauce und Basilikum esse, müsse schließlich auch mit Krebs erregenden Stoffen im Basilikum rechnen.

MAIKE RADEMAKER

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