: Reinigung vom Schmiergeld
Die Gebrüder Hinduja, die dem britischen Nordirland-Minister Mandelson zum Verhängnis wurden, waschen beim Pilgerfest Kumbh Mela ihre Sünden ab
BOMBAY taz ■ Unter den Millionen Hindu-Pilgern, die am Mittwoch in Allahabad ins heilige Flussbad stiegen, waren auch drei Ausländer. Dass sie unter den auf 23 Millionen Badenden nicht auffielen, hatte nicht nur mit diesem größten Menschenauflauf der Geschichte zu tun. Denn ihren Pässen zum Trotz sahen die drei aus wie Inder. Auch ihre Namen waren indisch: Srichand, Gopichand und Prakash, alle mit dem Nachnamen Hinduja. Es war unklar, ob sie in ihre Gebete auch Peter Mandelson einschlossen, den britischen Nordirland-Minister, der am gleichen Tag in London sein Ministeramt verlor. Er soll Srichand, dem ältesten des Trios, im Juni 1998 einen britischen Pass besorgt haben, nachdem dieser dem damaligen Millennium-Dome-Verantwortlichen Mandelson eine Million Pfund für das finanziell bedrängte Prestigezelt versprochen hatte.
Die Passgeschichte ist eng verbunden mit der Präsenz der Hindujas in Indien, wo sie wie in Großbritannien und der Schweiz potente Industrie- und Finanzfirmen unterhalten. Die drei waren aber seit Jahren nicht mehr in Indien. Denn dort stehen sie unter Anklage, 1986 beim Verkauf von 400 mobilen Haubitzen der schwedischen Firma Bofors an die indische Armee Schmiergelder in Millionenhöhe kassiert zu haben. Seit drei Jahren ist wieder Bewegung in den Fall gekommen. Zum einen hat die Schweiz, wo das Schmiergeld auf Konten lagert, den indischen Behörden schließlich Einblick in Kontoauszüge gewährt, und zum anderen wurde das Verfahren durch den letzten Regierungswechsel in Delhi beschleunigt.
Denn der Bofors-Skandal ist verbunden mit dem Namen des damaligen Premiers Rajiv Gandhi und der Kongresspartei. Dessen Witwe Sonia ist heute Kongress-Vorsitzende. Obwohl ihr persönlich nichts angelastet wird, gehört ein enger Freund der Familie, der Italiener Ottavio Quattrocchi, zu den Hauptangeklagten. Er war jahrzehntelang Vertreter der Firma Snamprogetti in Delhi und verließ Indien kurz vor Ende der letzten Kongressregierung Richtung Malaysia. Inzwischen erreichten Indiens Behörden seine Verhaftung in Kuala Lumpur. Auch die Brüder Hinduja vermieden es jahrelang, nach Indien zu kommen – bis ihnen der britische Pass vermeintliche Sicherheit bot.
Die Kongresspartei wittert hinter den Ermittlungen eine politische Vendetta. Regierung und Kriminalpolizei bestreiten dies, aber zweifellos kommt der Bofors-Skandal der Regierungspartei äußerst gelegen, nachdem es ihr nicht gelungen ist, aus dem Ausländerstatus der in Italien geborenen Oppositionschefin eine politische Waffe zu schmieden. Dass Sonia Gandhi weiter gefährlich ist, bewies sie am Montag. Sie flog nach Allahabad, um an der Kumbh Mela ein Bad zu nehmen, obwohl die lokale BJP-Regierung versucht hatte, sie daran zu hindern. Selbst die strengen Asketen fanden nichts dabei, dass die Politikerin kurz ihre Füße in das heilige Wasser am Zusammenfluss von Ganges und Jamuna tauchte. Dort stieß die eingebürgerte Inderin Sonia Gandhi auf großes Medieninteresse, während die nackten Sadhus, die dem alle zwölf Jahre stattfindenden Fest die exotische Farbe geben, auf einmal neugierige Zuschauer waren.
Am Mittwoch rückten die Sadhus wieder sie ins Blickfeld der Teleobjektive, als sie – am heiligsten Tag der 40-tägigen Kumbh Mela – Frühmorgens die Uferböschungen herunterstürmten, mit nichts als mittelalterlichen Säbeln bekleidet. Es war die Chance für die Hinduja-Brüder, unerkannt an einem anderen der sieben „Ghats“ ins kalte Wasser zu steigen. Dann verschwanden sie mit ihrem Privatjet nach Delhi, wo sie gestern der Untersuchungsbehörde wieder Rede und Antwort stehen mussten. BERNARD IMHASLY
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen